Brandenburg: Radwegen droht langsamer Verfall
Landesregierung kürzt Budget für Neubau und Erhalt von Strecken drastisch. CDU und Grüne gehen frontal auf Gegenkurs
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Potsdam - Holpern über Wurzelwerk und Risse im Asphalt – auf Brandenburgs Radwegen an Bundes- und Landesstraßen könnte das in den kommenden Jahren mehr und mehr zum Ärgernis werden. Das brandenburgische Infrastrukturministerium und der Bund haben ihre Budgets für diese Radwege drastisch gekürzt. Wegen der angespannten Haushaltslage sollen 2014 nur noch 2,3 Millionen Euro für Neubauten und die Erhaltung der Strecken an Landesstraßen ausgegeben werden sowie 3,8 Millionen Euro an Bundesstraßen. Vor zwei Jahren investierten Bund und Land noch knapp doppelt so viel.
Der langsame Verschleiß droht den Radwegen außerhalb von Städten und Ortschaften mit einer Gesamtlänge von 1400 Kilometern. Diese werden meist von Bewohnern der jeweiligen Region für alltägliche Wege benutzt. Das hochgelobte Netz der touristischen Radwanderwege in Brandenburg ist hingegen kaum betroffen. Die zuständigen Kommunen und Kreise sowie das Wirtschaftsministerium wollen die „Zehn-Seen-Tour“ im Dahme-Land, den Fürst-Pückler-Radweg durch die Lausitz oder den Gurken-Radweg auch künftig fördern, um zahlungskräftige Urlauber ins Land zu holen. In der Beliebtheit der Radreiseregionen belegt die Mark hinter Bayern Platz zwei. 18 von bundesweit 51 Routen, die vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) als „besonders qualitätsvoll“ getestet wurden, verlaufen durch Brandenburg.
Davon profitieren auch die Bewohner der angrenzenden Kreise und Ortschaften. Nach einer Erhebung des ADFC ist jeder zweite Nutzer der touristischen Strecken ein Radler aus der Region. Dennoch protestieren der Fahrradclub sowie CDU und Grüne im Landtag scharf gegen die Mittelkürzungen für Radwege an Landes- und Bundesstraßen. „Auch diese Strecken werden von Schülern oder Berufstätigen auf dem Weg zur Arbeit zunehmend genutzt“, sagt ADFC-Sprecherin Lea Hartung. Bei der letzten Zählung 2010 betrug der Anteil der Radler in Brandenburg am Gesamtverkehr auf dem Lande immerhin elf Prozent und in Kommunen 13 Prozent. Tendenz: steigend.
„Mit dem jetzigen Sparkurs geben wir die Radwege dem Verfall preis“, sagt der Verkehrsexperte der CDU im Landtag, Rainer Genilke. „Wenn lange Zeit nur geflickt wird oder gar nichts geschieht, wird’s später umso teurer.“ Für Genilke hat die Erhaltung der Infrastruktur „oberste Priorität“. Im Verhältnis zum Gesamthaushalt des Landes seien selbst 8,6 Millionen Euro, die Brandenburg noch im Jahr 2011 für die Radwege seiner Landstraßen ausgab, eine Kleinigkeit. Genilke: „Fürs Radfahren sind bei gutem Willen bestimmt noch mehr Gelder aufzutreiben.“
Das unterstützen auch die Grünen. Deren verkehrspolitischer Sprecher Michael Jungclaus sieht zudem noch etliche Radwegelücken an Bundes- und Landstraßen, die geschlossen werden müssten. Vor allem „zur Schulwegsicherung“.
Im Ministerium für Infrastruktur, das den gerügten Sparkurs angeordnet hat, verschließt man sich keineswegs den Kritikern. Statt heftig zu kontern, gibt sich Ministeriumssprecher Lothar Wiegand verhalten optimistisch. Auch die rot-roten Regierungsfraktionen seien wohl mit den gekappten Ausgaben für Radwege unzufrieden. Es gibt Signale, dass sie mehr Geld bereitstellen wollen“, sagt Wiegand. Entsprechende Nachbesserungen seien ja bei den bald anstehenden Verhandlungen für den märkischen Landeshaushalt 2015/2016 gut möglich.
Als Vorbild könnte Berlin dienen. Dort will der Senat bis Ende 2015 genau 55 neue Radwege- und Streifen anlegen: für 8,3 Millionen Euro. So will man den Anteil der Radler am Gesamtverkehr auf rund 20 Prozent hochtreiben.
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