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Brandenburg: Rautenberg gegen neuen Stasi-Check in Justiz Generalstaatsanwalt stellt sich

hinter Justizminister Schöneburg

Stand:

Potsdam - Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erarde Rautenberg hat Forderungen nach einer erneuten Stasi-Überprüfung von Richtern und Staatsanwälten zurückgewiesen. Damit stärkte er Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) den Rücken. Die Juristen dürften nur dann erneut geprüft werden, wenn es neue Erkenntnisse gebe, sagte Rautenberg. Dabei müsse es sich um wesentliche Tatsachen handeln, die zum Zeitpunkt der Einstellung nicht bekannt gewesen seien.

Ähnlich hatte sich in der vergangenenWoche Schöneburg geäußert, nachdem bekannt geworden war, dass derzeit noch 82 ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR in der brandenburgischen Justiz beschäftigt sind, darunter auch drei Richter. Ein Fall gilt als schwerwiegend, die beiden anderen Personalien als Grenzfälle.

Der CDU-Rechtsexperte Danny Eichelbaum kritisierte Rautenbergs Äußerungen: „Zunächst einmal ist der Generalstaatsanwalt dem Justizminister unterstellt. Deshalb wäre er hier zur politischen Zurückhaltung aufgefordert.“ Eichelbaum forderte erneut von Schöneburg, frühere DDR-Richter und Staatsanwälte im Dienst der Landesjustiz auf eine Stasi-Tätigkeit zu überprüfen. „Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, endlich in Brandenburg eine offene Diskussion über dieses Thema zu führen.“ Aus dem Abschlussbericht der Landesregierung von 1992 ergebe sich, dass den Richterwahl- und Staatsanwaltsberufungsausschüssen nur unnvollständig Unterlagen vorlagen.

Bereits am Montag hatte der neue Stasi-Bundesbeauftragte Roland Jahn in Potsdam mit Blick auf die aktuellen Debatten um frühere Stasi-Mitarbeiter in Polizei und Justiz gesagt: „Der Bedarf an politischer Hygiene ist da.“ Brandenburg habe „einen extremen Nachholebedarf“. Es sei zu merken, „dass hier Jahre verschlafen worden sind“. Auch Brandenburgs Diktatur-Beauftragte Ulrike Poppe forderte eine „offene Debatte“ über Stasi-Belastungen in der Justiz.

Rautenberg sagte, der Einigungsvertrag habe die Übernahme von DDR-Justizjuristen nach Überprüfung ausdrücklich vorgesehen. An der Wirksamkeit der Entscheidungen der Richterwahl- und Staatsanwaltsberufungsausschüsse sei nicht zu rütteln. Die Einsetzung der Ausschüsse sei 1990 von der frei gewählten Volkskammer beschlossen worden. Ihren Vorschlägen seien die Justizminister gefolgt.

Mit der Übernahme von Juristen sei nach der Vereinigung ein anderer Weg bestritten worden, als in der DDR und in der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg, sagte Rautenberg. „Der vom Einigungsvertrag gewählte Mittelweg, auch Richter und Staatsanwälte der ehemaligen DDR im Falle ihrer persönlichen Eignung in den Justizdienst der neuen Länder zu übernehmen, war meines Erachtens richtig“, betonte der Generalstaatsanwalt. Es wäre jedoch unredlich zu suggerieren, diese Entscheidung sei 20 Jahre später korrigierbar. „Natürlich waren Richter und Staatsanwälte zu DDR-Zeiten staatstreu“, ergänzte Rautenberg. Trotz des Wissens um diese Tatsache habe die Volkskammer nicht alle Personen über einen Kamm scheren wollen. So sei jemand, der im Wachregiment gedient habe, im formalen Sinne Mitarbeiter des MfS gewesen. „Er hat deswegen aber nicht das getan, was man im allgemeinen unter einer MfS-Mitarbeit versteht, nämlich im persönlichen Bereich gespitzelt.“

Nach der Wende sei die Übernahme von DDR-Juristen auch damit begründet worden, dass andernfalls ein Stillstand der Rechtspflege ins Haus stehe, so Rautenberg. Zudem sollten die ostdeutschen Bürger nicht durch die Dominanz von West-Richtern das Gefühl einer Siegerjustiz bekommen. Ausdrücklich unterstrich der Generalstaatsanwalt, es habe in 20 Jahren seit der Übernahme von Richtern und Staatsanwälten keine schlechten Erfahrungen gegeben. „Auch bei genaustem Hinsehen“ habe es keinerlei Anzeichen für eine rechtsstaatswidrige Mentalität gegeben. „Sie haben eine gute Arbeit geleistet, und einige nehmen sogar wohlverdiente Führungspositionen ein.“ axf/dapd

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