Brandenburg: Razzia bei Morgenpost
Polizei durchsuchte Redaktionsräume in Berlin. Hintergrund ist wohl Maulwurf-Affäre zu Rockern
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Berlin - Durchsuchungen in Redaktionen sind selten; meist sind sie auch illegal. Das kann auch nicht anders sein – die Pressefreiheit ist ein Gut von Verfassungsrang, und seine Quellen muss ein Journalist nicht preisgeben. Versuche von Ermittlungsbehörden, per Durchsuchung und Beschlagnahme in den Besitz von Beweismitteln zu kommen, sind regelmäßig von Gerichten als rechtswidrig angesehen worden. Nun gibt es einen neuen Fall.
Ermittler des Landeskriminalamts haben am Mittwoch in der Redaktion der „Berliner Morgenpost“ das Büro eines Journalisten durchsucht. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft. Außerdem verschafften sich die Beamten zur Wohnung des Redakteurs Zugang. Es wurden Computer und andere mögliche Beweismittel sichergestellt. Der Polizeireporter soll mit einem Polizeibeamten allzu eng zusammengearbeitet haben, genauer: Er soll für geheime Informationen gezahlt haben. Das wäre Bestechung aufseiten des Journalisten und Bestechlichkeit aufseiten des Polizisten, gegen den ebenfalls ermittelt wird. Der Journalist war schon öfter dadurch aufgefallen, dass er mehr wusste als andere, speziell aus Kreisen der Spezialeinsatzkommandos und über Ermittlungen im Rockermilieu.
Es ist in der Medienwelt ein sportlicher Wettkampf: Wer hat die besseren Kontakte, wer hat eine Information als erster, womöglich sogar exklusiv? Diese Konkurrenz spornt viele Journalisten täglich an. Aber Bestechung? Das geht zu weit. Es erscheint sehr unwahrscheinlich, dass ein Vertreter einer seriösen Tageszeitung sich in dieser Weise strafbar macht.
Könnte die Durchsuchung auch andere Gründe haben? Politische? Ganz abwegig ist der Gedanke nicht, dass hier ein Exempel statuiert werden soll, das auch in die Reihen der Polizei hinein wirkt.
Wer nachdenkt, wird sich recht schnell an die Maulwurf-Affäre vom Mai erinnern. Ein Beamter hatte einem Journalisten schon vorab verraten, dass eine Razzia im Rockermilieu anstehe; „Spiegel-Online“ hatte es als erstes. Die Razzia schlug fehl, die Polizei war blamiert, im Innenausschuss zeigten sich Innensenator und Polizeipräsidentin zerknirscht. Während die meisten Durchstechereien relativ folgenlos bleiben, ging hier mal richtig was in die Hose, und die Polizei ermittelte dementsprechend intensiv in den eigenen Reihen. Mit Erfolg: Im August wurde ein Verdächtiger gefunden, ein Mann aus dem Landeskriminalamt. Sein Computer wurde beschlagnahmt, offenbar fanden sich darauf auch Daten des nun ins Visier geratenen „Morgenpost“-Redakteurs.
Der Axel-Springer-Verlag, zu dem die Morgenpost gehört, wies „ die Verdächtigung gegenüber einem unserer Redakteure zurück“ und nannte die Durchsuchung „grob unverhältnismäßig und rechtswidrig“. Razzien in Redaktionen lösten in der Vergangenheit massive Proteste von Presseverbänden und Journalistengewerkschaften aus. „Quellenschutz ist ein so hohes Gut, dass man auch wegen eines solchen Verdachtes keine Redaktion durchsuchen sollte“, sagte Alexander Fritsch vom Deutschen Journalisten-Verband am Donnerstag dazu. Meist geht es ohnehin schief. Fatina Keilani/Hannes Heine
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