Brandenburg: Rechnungshof: Gericht bremst Landtag
Neuwahl weiter offen / Landtag muss laut Gericht weitere Bewerberin anhören
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Potsdam - In Brandenburg tut man sich weiter schwer, einen neuen Rechnungshofpräsidenten zu wählen. Die für Juli geplante Neuwahl verzögert sich voraussichtlich weiter. Das Parlament musste im laufenden Auswahlverfahren jetzt erneut eine juristische Schlappe hinnehmen. Das Potsdamer Verwaltungsgericht rügte gestern in einer Entscheidung das vom Landtag praktizierte Anhörungsverfahren, bei dem der zuständige Haushaltskontrollausschuss unter den 27 Bewerbern – nach einem anonymisierten Verfahren – elf Bewerber für Anhörungen herausgefiltert hatte. Eine Vorauslese.
Nicht dabei war die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Ellen Chwolik-Lanfermann, die sich um den seit dem Wechsel von Gisela von der Aue nach Berlin vakanten Führungsposten der Kontrollbehörde ebenfalls beworben hatte. Sie hatte Einspruch erhoben und bekam vom Potsdamer Verwaltungsgericht nun auf ganzer Linie Recht. Die Kammer äußerte in ihrer Urteilsbegründung, die den PNN vorliegt, „erhebliche rechtliche Bedenken“ die Vorauswahl „allein anhand einer Liste mit anonymen Bewerbern vorzunehmen, die nur wenige Informationen enthält“. Genannt werden Geburtsjahr, Beruf, Besoldungsgruppe, Werdegang in Auszügen, Führungsverantwortung und „vertiefte Kenntnisse des Haushalts-, Finanz- und Verwaltungsrechtes“. Dass Chwolik-Lanfermann mit der Begründung nicht angehört werde, sie verfüge nicht über die nötigen vertieften wie vielfältigen Kenntnisse des Haushalts-, Finanz- und Verwaltungsrechtes, sei „nicht nachvollziehbar“, so die Kammer. Denn die Bewerberin habe diese Kenntnisse in ihrer Bewerbung dargetan. „Diese wesentlichen Ermittlungen lagen den Mitgliedern des Ausschusses für Haushaltskontrolle nicht vor, so dass es ein Ermittlungsdefizit gegeben hat.“
Der Haushaltskontrollausschuss hatte das anonymisierte Verfahren gewählt, um jedweden Eindruck einer politisch motivierten Auslese zu vermeiden. Er will nun vor dem Oberverwaltungsgericht in Brandenburg Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen. Das beschloss das Gremium einstimmig. „Wir haben von 25 Bewerbern nach einer sehr genauen und formalisierten Vorauswahl elf zur Anhörung eingeladen. Das ist ein völlig normaler Vorgang“, sagte der Vorsitzende Wolfgang Klein (SPD). Er sei „verwundert, dass dies bei der Auswahl für das LRH-Präsidentenamt anders sein soll und nun alle Bewerber angehört werden müssen“. In der Konsequenz hieße das, dass der Ausschuss bei 150 formal geeigneten Bewerbern 150 Anhörungen durchführen müsste. „Ich frage mich, wie dies praktisch funktionieren sollte.“ Aufgrund des Beschwerdeverfahrens werden nach seinen Worten die für kommende Woche geplanten Anhörungen verschoben. Da offen sei, wann das OVG eine Entscheidung fälle, stehe auch der Wahltermin Anfang Juli in Frage, sagte Klein.
Die Anhörungen der Kandidaten sollten am Montag beginnen. Über die Besetzung des Amts wird schon seit November gestritten. Damals war die bisherige Präsidenten Gisela von der Aue (SPD) als Justizsenatorin nach Berlin gewechselt. Zunächst hatten SPD-Fraktionschef Günter Baaske und Ministerpräsident Matthias Platzeck die Abgeordnete Britta Stark für das höchste Amt der Kontrollbehörde nominiert: Nach anhaltender Kritik an Verfahren und Person zog Stark ihre Bewerbung jedoch zurück.
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