Brandenburg: Rechnungshof rügt Börsengeschäfte des Finanzministeriums „Auswirkungen gegenüber Parlament und Regierung verborgen“ – Offenlegung gefordert
Potsdam - Brandenburgs Rechnungshof rügt das aus seiner Sicht eigenmächtige, intransparente Agieren des Finanzministeriums bei spekulativen Derivat- und Börsengeschäften auf Finanzmärkten. „Das Parlament wurde bisher über den Einsatz von Derivaten nicht unterrichtet.
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Potsdam - Brandenburgs Rechnungshof rügt das aus seiner Sicht eigenmächtige, intransparente Agieren des Finanzministeriums bei spekulativen Derivat- und Börsengeschäften auf Finanzmärkten. „Das Parlament wurde bisher über den Einsatz von Derivaten nicht unterrichtet. Die finanziellen Auswirkungen der Derivat-Geschäfte bleiben Parlament und Regierung verborgen“, heißt es in dem am Mittwoch vorgestellten „Jahresbericht 2011“ der obersten Finanzkontrollbehörde, die bisher vergeblich eine Offenlegung der Transaktionen gegenüber dem Parlament fordert. Es geht um Milliardenbeträge.
Laut Rechnungshof-Bericht hat das Land allein 2009 Derivat-Geschäfte über 797 Millionen Euro abgeschlossen, der Gesamtumfang betrug 2010 rund 10 Milliarden Euro. Zwar bestreitet selbst der Hof nicht, dass Brandenburg diese Finanzierungsinstrumente bislang erfolgreich beim Management seines 20-Milliarden-Schuldenbergs einsetzt, um Risiken und Zinsen durch günstigere Kredite zu senken. Doch müsse das Parlament informiert, das Controlling verbessert werden. „Die Derivat-Geschäfte werden unzureichend dokumentiert, sodass die Entscheidungsgrundlagen nicht nachvollzogen werden konnten“, heißt es im Bericht. Und die Entscheidung über den Abschluss von Kredit- und Derivat-Geschäften liege „in den Händen einer Person“, kritisierte Präsident Thomas Apelt. Stattdessen wäre eine Funktionstrennung von Abschluss, Abwicklung und Controlling geben.
Bestätigt durch die Rüge sieht sich die CDU-Opposition im Landtag, die bereits im Mai 2011 Auskunft über die Derivat-Geschäfte gefordert hatte, die eine „Black-Box“ seien, so Ludwig Burkardt, finanzpolitischer Sprecher. Dieser „Zustand sei mit dem Bugdetrecht, dem Könisgrecht des Parlamentes, unvereinbar.“ Burkardt verwies auf Negativ-Erfahrungen einiger brandenburgischer Kommunen, die sich mit solchen Geschäften verspekuliert hatten. „Einige Derivate sind hochgefährlich. Sie können öffentliche Haushalte in den Abgrund reißen.“
Ansonsten fehlen im 250-Seiten-Rechnungshofbericht anders als in der Vergangenheit krasse, spektakuläre Einzelfälle von Millionenverschwendungen. Dafür wird mehrfach Missmanagement, Ineffizienz und Schlendrian in der Landesverwaltung gerügt, so etwa beim Einsatz von IT-Technik und der Abrechnung von Bußgeldern durch die Polizei. Dort würden diese Bareinnahmen entgegen den Vorschriften oft später als nach 5 Tagen abgerechnet, die Fristen „teilweise erheblich überschritten“. In einem Fall habe ein Polizist eingenommene Verwarngelder erst nach 1026 Tagen, also über drei Jahren verspätet, eingezahlt. Und die Polizei habe sich beim Einsatz sensibler IT-Technik zur Kriminalitäts- und Unfallbekämpfung in zu große Abhängigkeit von privaten Unternehmen begeben, so der Hof. Es fehle an Konzepten für die IT–Sicherheit. Auch bei der Förderung des Wassertourismus im Land, die aus Sicht des Hofes unabgestimmt durch vier Ministerien geschieht, gibt es Defizite. Brandenburg als gewässerreichstes Land habe von 1999 bis 2007 allein 78 Millionen Euro für wassertouristische Projekte wie Wasserwanderplätze ausgegeben, bei der Bewilligung sei man aber „zu unkritisch“ und zu „großzügig“ gewesen, so der Rechnungshof. Es sei nicht einmal erfasst worden, was alles schon vorhanden sei.
Bemerkenswerterweise hat der Rechnungshof auch den Unterrichtsausfall an den Schulen untersucht, wobei die Zahlen aus dem Jahr 2008/2009 veraltet sind und sich kaum von den halbjährlichen Informationen des Bildungsministeriums unterscheiden. Im Bundesvergleich ist laut Hof der Ausfall im Land - pro Schuljahr rund eine Million Stunden - „gering“. Der Bericht kritisiert gleichwohl das inkonsequente Gegensteuern des Ministeriums. Konkret gefordert wird etwa eine Erfassung der ausgefallenen Stunden nach Hauptfächern und eine Verlegung von Lehrerfortbildungen in die Ferien.
Zwar bescheinigte der als milde geltende Präsident Apelt der Regierung „auf dem richtigen Weg“ zu sein. Er forderte, die Konsolidierung zügiger voranzutreiben. Er regte erneut die Aufnahme einer Schuldengrenze in die Landesverfassung an. „Es darf keine Denkverbote geben.“
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