Von Thorsten Metzner: Rechtfertigungen, Erklärungen, Ausflüchte
Armut in Brandenburg: Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) verteidigt Arbeitsmarktpolitik der Regierung gegen Kritik
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Potsdam - Der Streit um Ausmaß, Ausprägung und Bekämpfung von Armut im Land Brandenburg hält an. Und er droht an Schärfe zuzunehmen, falls das Land nach sinkenden Arbeitslosenzahlen seit 2005 im bevorstehenden Wahljahr 2009 von den Folgen einer Rezession getroffen würde, womit inzwischen allgemein gerechnet wird. Am Mittwoch hat Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) Kritik der Links-Opposition, aber auch der SPD-Arbeitsmarktexpertin Esther Schröder an Versäumnissen und Defiziten der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der Landesregierung zurückgewiesen.
„Was in unsere Macht liegt, was wir landespolitisch tun können, haben wir im Griff“, sagte Ziegler in einem kurzfristig einberufenen Pressegespräch. Allerdings schränkte sie ein, dass die Einflussmöglichkeiten der Landesregierung begrenzt seien, da Zuständigkeiten vorwiegend bei der Bundesanstalt für Arbeit und vor Ort in den Regionen liegen würden. Zugleich nannte es Ziegler „Oppositonsgeraune“, wenn die Links-Opposition in Bezug auf den jüngst veröffentlichten „Lebenslagenbericht“zur Armut im Land Schönfärberei vorwerfe. Zur Aussage von Linkspartei-Fraktionchefin Kerstin Kaiser, Armut in Brandenburg sei „allgegenwärtig“, sagte Ziegler: „Die Realität ist eine andere: Man darf den Menschen nicht bewusst die Unwahrheit sagen.“ Sie gehe davon aus, dass man solche Pauschalurteile von den Linken nicht mehr hören werde, falls es nach der Landtagswahl 2009 tatsächlich eine rot-rote Landesregierung in Brandenburg geben sollte. „Vielleicht entwickelt sich die Linke ja noch.“ Ziegler selbst wird einem neuen Kabinett nicht angehören, sondern 2009 für den Bundestag kandidieren. Sie hatte dies auch mit ihrer prinzipiellen Gegnerschaft zu Rot-Rot begründet. Mit diesem Schritt sei die unglücklich agierende Ressortchefin, heißt es dagegen von Kritikern in der SPD, vorbeugend dem Schicksal des früheren SPD-Bildungsministers Steffen Reiche entgangen: Dieser war 2004 von Regierungschef Matthias Platzeck nicht erneut ins Kabinett geholt worden.
Ihre Kritik an der Landesregierung hatten Links-Opposition, aber auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Esther Schröder auf zwei aktuelle amtliche Analysen aus dem Ziegler-Ministerium gestützt, nämlich den Bericht über „Lebenslagen“ und eine Bilanz der Arbeitsmarktpolitik. Schröder hatte nüchtern bilanziert, dass entgegen den Ankündigungen der Agenda2010-Arbeitsmarktreformen, die die Landes-SPD 2004 auf den Marktplätzen propagiert hatte, Langzeitarbeitslose wie vorher in Programmen geparkt würden, sich „von Ein–Euro-Job zu Ein-Euro-Job hangeln würden“ - wie einst in den umstrittenen ABM.
Diesem Befund in der Sache selbst widersprach Ziegler dann auch gar nicht. „Diese Kritik teilen wir alle - aber das hat nichts mit der Landesarbeitsmarktpolitik zu tun“, sagte Ziegler. Das Ministerium tue alles, damit die Arbeitsagenturen und Kommunen vor Ort mehr auf Qualifizierungsmaßnahmen als auf Ein–Euro-Jobs setzen. „Aber statt zu Hause zu sitzen, ist ein Ein-Euro-Job immer noch die bessere Alternative.“ Bei Arbeistmarktintsrumenten wie Regionalbugdets und Kommunalkombi gehöre Brandenburg zu den Vorreitern. Ziegler und die sozialpolitische Sprecherin Sylvia Lehmann dementierten Differenzen zwischen Ministerium und SPD-Fraktion: Schröders Kritik sei eine „Einzelmeinung“. Fraktionschef Günter Baaske - von 2002 bis 2004 selbst Sozialminister und nun chancenreicher Kandidat für die Ziegler-Nachfolge 2009 - hatte sich am Vortag zur Linke-Kritik am Lebenslagenbericht nicht äußern können, den er eine Woche nach Veröffentlichung nicht gelesen hatte.
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