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Brandenburg: Rechts die Nachrichten

Verkehrs-Pilot Erhard Anders berichtet live aus dem Cockpit – Ab heute hat er ein neues Flugzeug

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Kyritz – Links der Flugfunk, rechts die Radio-Nachrichten. Wenn Erhard Anders mit seiner Cessna über Brandenburg fliegt, hat er immer beides im Ohr: Die Flugplatzmitarbeiter aus dem Tower und seine Kollegen von Antenne Brandenburg. Seit elf Jahren arbeitet der Neuenhagener als Verkehrsfunk-Pilot für den Radiosender. Jeden Morgen von sieben bis zehn kontrolliert der 65-Jährige von oben, wie es auf Brandenburgs Straßen aussieht. Halbstündlich berichtet er darüber – live aus dem Cockpit.

Ab heute ist Anders dabei noch schneller als bisher unterwegs. Denn die FSB Air Service GmbH, die den Verkehrsfunk an den Radiosender liefert, hat sich ein neues Flugzeug gekauft. Die 240 000 Euro teure Maschine, eine Cessna vom Typ „Skyhawk 172 SP“, stellte Anders gestern Mittag zusammen mit Antenne-Chefredakteur Christoph Singelnstein und Bernd Unger, dem Chef des FSB Air Service, auf dem Flugplatz Kyritz Heinrichsfelde vor.

20 Prozent weniger Kerosin soll sie laut Unger verbrauchen – und mit 200 Kilometern pro Stunde trotzdem um 20 Prozent schneller sein als ihr Vorgängermodell. Und das dank GPS und Autopilot sogar bei schlechtem Wetter. Da die Maschine leiser läuft, erhofft sich Antenne-Chefredakteur Singelnstein außerdem „eine bessere Tonqualität“.

Mit den Kollegen am Boden in der Redaktion ist Anders während seines täglichen Rundfluges ständig verbunden. Möglich wird dies durch eine eigens dafür gebaute Sendestation im Flieger und dem Empfänger auf dem Gebäude in der Marlene-Dietrich-Straße in Potsdam-Babelsberg, so Singelnstein. „Wir stimmen uns dauernd ab“, erklärt Anders.

Je nach Informationslage wird der Pilot von seinem Startflughafen Schönefeld aus zu den Stau- und Unfallorten im Land geschickt. Lieblingsstrecken hat Anders, der übrigens mit dem Auto zur Arbeit fährt, keine. Polizei, ADAC oder auch Antenne-Hörer melden die Verkehrsstörungen beim Sender. Schwerpunktstellen wie die Potsdamer Innenstadt oder die Berliner Stadtautobahn fliegt Anders jeden Tag ab. Manchmal habe er auch direkten Kontakt zur Polizei, die ihn über die Stauursachen informiert. „Wir wollen ja immer aktuell sein“, erklärt er.

Auch bei besonderen Ereignissen wie dem Oderhochwasser vor zehn Jahren springt Anders als Reporter aus der Luft ein. Damals sei er der einzige erlaubte Flieger außer den Bundeswehr-Tornados gewesen, erinnert sich RBB–Hörfunkdirektorin Hannelore Staer. Sie hatte vor 16 Jahren die Idee für den Verkehrs-Flieger. Der Service ist laut Singelnstein einmalig im Bundesland.

An Rente denkt der 65-jährige Anders unterdessen noch nicht. Er habe „grünes Licht von den Medizinern“, sagt er. Rentenalter oder nicht – „das spielt keine Rolle“. Auf 20 300 Flugstunden blickt der frühere Landwirtschaftsflieger zurück. Brenzlige Situationen habe er schon oft erlebt. Besonders gefährlich sei zum Beispiel gefrierender Regen, erklärt der Pilot. Dann gelte es, „so schnell wie möglich runterzukommen“. Auch bei Sturmwarnung wie am vergangenen Freitag bleibt Anders am Boden. Ebenfalls tabu: Nebelflüge. „Ich soll aus der Luft berichten, aber das kann ich bei Nebel ja nicht“, erklärt er.

Wenn er 2008 sein 50-jähriges Piloten-Jubiläum feiert, könnte er bereits eine jüngere Kollegin zur Seite haben. Denn Antenne-Moderatorin Sandra Fritsch wird „demnächst“ eine Pilotenausbildung beginnen. Sie sei schon „aufgeregt“, sagte die 28-Jährige gestern. Als ihr Chefredakteur, Christoph Singelnstein, mit der Idee zu ihr kam, habe sie zuerst an einen Scherz geglaubt. Beim zweiten Nachdenken sei ihr aber klar geworden, dass „so eine Chance nicht wieder“ kommt. Es sei eine „tolle Herausforderung“. Nach 110 Stunden Theorieausbildung, fünf Stunden am Flugsimulator und mindestens 45 Flugstunden kann sie die Prüfung des Luftfahrtbundesamtes absolvieren. „In zwei Monaten fliegt sie“, glaubt Unger vom FSB Air Service: „Wer Auto fahren kann, kann auch fliegen.“

Für die ausrangierte Maschine, eine 1975er Cessna, gebe es bereits einen Kaufinteressenten aus dem Ausland, sagt Unger. Ganz ungerührt lässt Anders der Flugzeugwechsel nicht: „Im Grunde genommen tut es mir auch irgendwie ein bisschen weh“, gibt er zu.

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