Bisky und Potsdam: Reformwille und Rückendeckung
Der am Dienstag verstorbene frühere Linken-Chef Lothar Bisky war von 1986 bis 1990 Rektor der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in Babelsberg.
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An der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen ( HFF ) war es ein frischer Wind, den Lothar Bisky in die Filmausbildung in der DDR brachte. 1986 bis 1990 war der Kulturwissenschaftler Rektor der HFF. Fragt man heute seine damaligen Studenten, so fällt sofort das Wort Reformwille. Biskys Schwung im Sinne von Glasnost und Perestroika hätte der Schule gutgetan, erinnert sich der Potsdamer Regisseur Andreas Dresen. 1986 war Bisky dem Ruf als ordentlicher Professor für Film- und Fernsehwissenschaft an die Potsdamer HFF gefolgt, im selben Jahr wurde er Rektor. Vor seiner Zeit an der HFF hatte er unter anderem zur „Massenkommunikation und Jugend“ geforscht, die „Kritik der bürgerlichen Massenkommunikationsforschung“ war das Thema seiner Habilitation. Bisky war also durchaus mit populären Strömungen und kritischen Seiten der Filmkunst vertraut.
Für den HFF-Absolventen Dresen war Bisky die prägende Figur seiner Studienzeit (1986 bis 1991). Er habe für die Öffnung der Hochschule nach innen und außen gestanden. Nach innen, weil er den Studenten ermöglichte, auch Stoffe zu verfilmen, die vorher undenkbar waren. Wobei sich Bisky schützend vor die jungen Filmstudenten gestellt habe. Er habe dem Nachwuchs Rückendeckung gegenüber der DDR-Obrigkeit gegeben. Nach außen habe Bisky insofern für Öffnung gestanden, dass es verstärkt Kontakte zu Hochschulen in Westeuropa gab. Studenten konnten plötzlich reisen und es kamen internationale Gäste nach Babelsberg. „Eine schöne Zeit, weil es möglich war, ohne sich das Rückgrat zu verbiegen, durch die Schule zu kommen“, erinnerte sich Dresen aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der HFF 2004. Die Studenten hätten den Raum, den Bisky geöffnet hatte, dankend genutzt.
Probleme gab es beispielsweise mit dem Dokumentarfilm „Was jeder muss...“ über einen jungen Mann, der bei der NVA den Grundwehrdienst leisten muss, was nicht sehr positiv ausfiel. Die Studenten um Dresen versuchten alles möglichst realistisch darzustellen. Der Film wurden im Herbst 1988 bei der Dokumentarfilmwoche in Neubrandenburg uraufgeführt. Es gab einen großen Eklat. Doch Lothar Bisky wollte so weit gehen, den Film zur Dokumentarfilmwoche in Leipzig zu zeigen. Schließlich zogen die Studierenden den Film zurück, um Bisky zu schützen. „Wir wollten nicht unseren Rektor verlieren“, erinnert sich Dresen. Bisky musste diverse Male wegen des Films ins Politbüro. „Wenn er sich nicht für uns eingesetzt hätte, hätten wir nicht weiterstudieren dürfen“, so Dresen.
In der Wendezeit stellte Lothar Bisky dann vor der versammelten Studentenschaft die Vertrauensfrage. Er könne die Hochschule nur durch diese Zeiten führen, wenn er das Vertrauen der Studenten hat. Und das bekam er dann auch.
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