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Brandenburg: Reiche kontra Reiche

SPD-Bildungsminister wirft Potsdamer CDU-Politikerin Ahnungslosigkeit vor

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SPD-Bildungsminister wirft Potsdamer CDU-Politikerin Ahnungslosigkeit vor Von Thorsten Metzner Potsdam. Brandenburgs Bildungssystem, das bei der jüngsten IGLU-Studie erneut schlecht abschnitt, soll jetzt von einer hochkarätigen Expertenkommission unter die Lupe genommen werden. Darauf verständigte sich der Koalitionsausschuss des SPD-CDU-Regierungsbündnisses. Diese Expertengruppe werde Empfehlungen entwickeln, wie bei sinkenden Schülerzahlen Brandenburg eine tragfähige Schulstruktur aussehen könnte, sagte Staatskanzleichef Rainer Speer am Donnerstag gegenüber den PNN. Abgabetermin für diese Empfehlungen sei „der 20. September 2004“. Der Termin, unmittelbar nach der Landtagswahl, ist bemerkenswert. Offenbar soll der Vorschlag in Koalitionsverhandlungen eingehen, falls es zu einer Neuauflage des SPD/CDU-Bündnisses kommt. Die Große Koalition, die seit 1999 Brandenburg regiert, hatte sich in dieser Legislaturperiode auf keine Lösung für die Bildungslandschaft verständigen können. Koalitionspolitiker räumen ein, dass es in der Bildungspolitik die größten Differenzen zwischen SPD und CDU, aber zugleich die größte Nähe zwischen SPD und PDS gibt, die Rot-Rot nach der Wahl anstrebt. Die SPD fordert – bislang vergeblich – die Einführung von sogenannten Sekundarschulen nach Vorbild der CDU-regierten Länder Sachsen und Thüringen, also die Fusion der bisherigen Gesamt- und Realschulen. Der Grund: Brandenburgs Schulsystem ist angesichts der sinkenden Schülerzahlen und der dünnen Besiedlung der Randregionen zu zergliedert. Die CDU lehnt Sekundarschulen bisher ab, da sie eine „verkappte Gesamtschule“ befürchtet – und das Aus für die populären und leistungsfähigen Realschulen. Allerdings räumen intern auch CDU-Politiker ein, dass die Ablehnung eines CDU-Modells schwer zu vermitteln ist und die demographische Entwicklung zu einer Straffung der Schulformen zwinge. Unabhängig von diesem Streit, für den nun eine Kommission einen eleganten Ausweg ohne Gesichtsverlust für die Union entwickeln könnte, verschärft sich der Ton um die Bildungspolitik in der Koalition. Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) verwahrte sich am Donnerstag gegen massive Vorwürfe der Potsdamer CDU-Bundestagsabgeordneten Katherina Reiche, die als Konsequenz aus der IGLU-Studie einen „völligen Neubeginn“, das Drücken der „Reset-Taste“ in der Brandenburger Bildungspolitik gefordert und „Stückwerk und Reförmchen“ beklagt hatte. „Wer Reset-Tasten in der Bildungspolitik drücken will, beweist nur, dass er davon keine Ahnung hat“, konterte Bildungsminister Reiche. Ein solcher Radikalschnitt sei nach 1990 in Brandenburg praktiziert worden, was sich im Nachhinein als Fehler herausgestellt habe. „Ich werde diesen Fehler nicht wiederholen“, so Reiche, der sich kürzlich sogar für die Wiedereinführung der einheitlichen Zehnklassenschule in Brandenburg ausgesprochen hatte. Aber mit dem „derzeitigen Koalitionspartner“, so Reiche in einem Radiointerview, sei ja nicht einmal die Sekundarschule, ein CDU-Modells, möglich. Minister Reiche verwies auf die 1999 eingeleitete Bildungsoffensive. Dass diese sich bei IGLU noch nicht auswirken konnte, sei völlig klar, da die IGLU-Messung kurz nach Bildung der Großen Koalition gewesen sei. Die geprüften Grundschüler kamen noch nicht in den Genuss des erst später eingeführten zusätzlichen Unterrichtes, etwa in Deutsch, Mathe und Fremdsprachen. Reiche: „Die Bildungsoffensive wirkt in der Grundschule erst 2005/2006 richtig und wird dann messbar.“

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