Brandenburg: Reichskanzlers Platz
Der Theodor-Heuss-Platz in Charlottenburg wurde bei Google schon wieder umbenannt
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Berlin - Am Theodor-Heuss-Platz in Berlin-Westend rollt der Verkehr auf zig Spuren um den Rasen in der Mitte. Darauf: ein Denkmal (mit der Aufschrift „Nie wieder Vertreibung“), ein blauer Obelisk, ein paar Bäume – alles wie immer. Nichts weist darauf hin, dass dieser Platz im gutbürgerlichen Westen Berlins bei Internetnutzern ein umkämpftes Terrain ist. Anfang Januar hieß er bei Google Maps plötzlich „Adolf-Hitler-Platz“. Das wurde von tausenden Nutzern bemerkt und unter viel Spott zurückgenommen. Doch am Dienstag trug der nördliche Rand wieder einen anderen Namen – „Reichskanzlerplatz“.
Wie bei der ersten Panne dürfte die Fehlbenennung auf die offene Arbeitsweise von Googles Kartendienst zurückzuführen sein. Auf einer Seite, die auf jedem Kartenausschnitt unten rechts verlinkt ist, heißt es: „Haben Sie festgestellt, dass Informationen für eine Adresse, Straße oder Route fehlen oder falsch sind?“ Die auch anonym eingereichten Nutzer-Vorschläge sollen dann von Moderatoren geprüft und gegebenenfalls übernommen werden. Diese Vorgehensweise klingt plausibel. Will man schnell auf Umbenennungen von Straßen und Plätzen oder den Bau neuer Quartiere reagieren, ist ein Heer aus Freiwilligen eine kostengünstige Alternative. Doch einem der Moderatoren ist offenbar wieder ein falscher Vorschlag durchgerutscht. Eine Stellungnahme von Google gab es vorerst nicht. Von 1906 bis 1933 und von 1947 bis 1963, also vor und nach der Nazizeit, hieß der Theodor-Heuss-Platz tatsächlich Reichskanzlerplatz. Im Dritten Reich hatte Hitler große Pläne für den ab dem 21. April 1933 nach ihm benannten Platz: Der Adolf-Hitler-Platz sollte Westende der Ost-West-Achse der „Welthauptstadt Germania“ werden. Wenige Tage nach dem Tod des ersten Bundespräsidenten 1963 erhielt der Platz dann seinen heutigen Namen. Es ist anzunehmen, dass der Platz durch seine bewegte Geschichte eine besondere Bedeutung für Internetnutzer aus dem rechtsradikalen Milieu hat, die immer wieder falsche Vorschläge bei Google einreichen.Henning Onken
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