zum Hauptinhalt

Brandenburg: „Reise nach Absurdistan“

Der Vorstoß von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) für mehr kommunale Selbstbestimmung bei der Wahl von Autokennzeichen stößt im Land Brandenburg auf wenig Begeisterung.

Von Matthias Matern

Stand:

Potsdam - Der Vorstoß von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) für mehr kommunale Selbstbestimmung bei der Wahl von Autokennzeichen stößt im Land Brandenburg auf wenig Begeisterung. Mit einer Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung will der Minister nicht nur die Wiedereinführung von Altkennzeichen ermöglichen, sondern auch völlig neue Nummernschilder zulassen. Sowohl beim Städte- und Gemeindebund, dem brandenburgischen Landkreistag als auch im Landesverkehrsministerium winkt man ab. „An Brandenburg soll die Idee nicht scheitern, Handlungsbedarf sehen wird aber nicht“, sagte Ministeriumssprecher Jens-Uwe Schade am Montag den PNN.

Sollte sich Ramsauers Idee durchsetzen, wären künftig auch mehrere Kennzeichen für eine Kommune möglich. Ausdrücklich heißt es im Entwurf des Bundesministers, die Zulassungsbehörden dürften dann auch „mehrere Unterscheidungskennzeichen für einen Verwaltungsbezirk“ ausgeben. Damit könnten nicht nur viele Orte, die bislang zugunsten des jeweiligen Landkreises zurückstecken mussten, als Abkürzung auf Blech gestanzt werden, auch „BAB“ für Potsdam-Babelsberg oder „KIK“ für Cottbus-Kiekebusch wäre dann erlaubt. Zunächst muss die Novellierung der „Fahrzeug-Zulassungsverordnung“ allerdings vom Bundesrat abgenickt werden. Im September soll sie der Länderkammer vorgelegt werden.

Kritiker indes befürchten ein unüberschaubares Durcheinander an Kennzeichen, unnötige Verzögerungen bei der Feststellung der Herkunft und des Halters eines Fahrzeugs im Falle einer Straftat und einen immensen bürokratischen Aufwand. Ramsauer dagegen sieht in Kennzeichen eine Ausdrucksmöglichkeit für „Heimatverbundenheit, Heimatliebe und Identifikiation.“

Paul-Peter Humpert, Geschäftsführer des brandenburgischen Landkreistages, spricht von einer Rückkehr zu „überholter Kleinstaaterei“ und warnt vor einer „Reise nach Absurdistan“. „Das bringt für die lokale Indentitätsbildung gar nichts und führt nur zu mehr Bürokratie“, sagte Humpert am Montag. Karl-Ludwig Böttcher, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, hält den Vorschlag Ramsauers für Kokolores. „Wo bleibt denn da der ordnungspolitische Charakter eines Autokennzeichens?“

Beim Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) hat man dagegen keine Probleme mit der geplanten neuen Freiheit bei der Kennzeichenwahl. „Wir sehen das emotionslos, glauben aber eigentlich nicht, dass die Änderung zu chaotischen Zuständen führen würde“, meinte ADAC-Sprecherin Katharina Bauer. Auch in der Bevölkerung will die Leidenschaft für die freie Nummernschildwahl offenbar nicht so recht entflammen. Einer Umfrage von tagesschau.de zufolge sprechen sich zumindest knapp 70 Prozent der bundesweiten Internetnutzer gegen die Ändernung aus, nur knapp 30 Prozent sind dafür. Matthias Matern

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })