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Von Matthias Matern: Rekordpendler

28 Prozent aller Beschäftigten in Brandenburg arbeiten außer Landes. Die meisten fahren nach Berlin

Von Matthias Matern

Stand:

Potsdam/Berlin - Brandenburg ist Deutscher Meister im Berufspendeln. In keinem anderen Bundesland überqueren so viele Menschen auf dem Weg zum Arbeitsplatz ihre Landesgrenze, wie zwischen Uckermark und Cottbus. Liegt der Anteil der Auspendler unter den sozialversicherten Beschäftigten beim Vizemeister Schleswig-Holstein bei 21,3 Prozent, sind es in Brandenburg 28,4 Prozent. Wohin die Reise geht, daran lässt der aktuelle Pendlerbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2009, der am Donnerstag in Potsdam vorgestellt wurde, keinen Zweifel: 71 Prozent aller brandenburgischen Auspendler zieht es nach Berlin, laut Bericht das größte Arbeitsplatzzentrum der Hauptstadtregion. Allerdings arbeiten auch 50 Prozent der Berliner, die täglich ihre Stadt auf dem Weg zur Arbeit verlassen, in Brandenburg – vorzugsweise in der Landeshauptstadt Potsdam.

Das Pendlersaldo beider Städte zueinander ist beinahe ausgeglichen. Für Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) ein „Phänomen“, das aber eine „Ausnahme“ bleiben wird. „Potsdam und Berlin sind die beiden Top-Standorte in der Hauptstadtregion“, meint Brenke. Wegen der vielen Forschungsstandorte, der ausgeprägten Medienbranche und der hohen Zahl von Landes- und Bundesbehörden besitze Potsdam eine „hohe Strahlkraft“. Berlin dagegen habe zuletzt eine gute wirtschaftliche Entwicklung gemacht, so der Experte. Nicht zuletzt werden die Pendlerströme nach Berlin auch von ehemaligen Berlinern geprägt, die in das Umland gezogen seien, ihren Arbeitsplatz aber behalten hätten, erläutert Karl Brenke.

Bevölkerungsbewegung

Für das Pendlerverhalten spielt Abwanderung und Zuzug eine wichtige Rolle. Seit 1995 ist die Bevölkerungszahl im Land Brandenburg insgesamt von 2,54 auf 2,52 Millionen im Jahr 2008 zurückgegangen. Durch erheblichen Zuzug in den ersten zehn Jahren nach der Wende ergibt sich trotz des Rückgangs ein positives Wanderungssaldo von 113 500 Personen. Vom Zuzug aber haben fast ausschließlich die berlinnahen Regionen profitiert. Während der sogenannte äußere Verflechtungsraum in dem Zeitraum 11 7700 Personen verlor, verzeichnete der Berliner Speckgürtel einen Zuwachs von 231200 Personen. Rund 70 Prozent aller Zuzüge waren Wohnortwechsel von Berlin ins nahe Umland. Ziele waren vor allem Gemeinden mit einem guten S-Bahn- und Regionalbahnanschluss. Der Trend hat sich laut des Pendlerberichts jedoch zuletzt abgeschwächt.

Arbeitsmarkt

Sowohl Brandenburg als auch Berlin hatten nach der Wende schwere Verluste zu verkraften. Noch im vergangenen Jahr lag die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen in Brandenburg 19 Prozent unter dem Wert von Mitte der 90er Jahre, stieg aber 2009 im vierten Jahr in Folge. Auch hier waren vom Rückgang vor allem die berlinfernen Räume betroffen. Von 1995 bis 2005 ging die Zahl der Arbeitsplätze in den Randregionen um 30,9 Prozent zurück, im Speckgürtel dagegen nur um 8,2 Prozent. In Berlin nahm die Beschäftigung insgesamt um 11,8 Prozent ab. Der Aufschwung seit 2006 hat sich vor allem auf dem Berliner Arbeitsmarkt bemerkbar gemacht. Bei der Beschäftigungsentwicklung konnte die Stadt deutlich stärker zulegen als Brandenburg. Stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze dort nur um 0,1 Prozent, so verzeichnete Berlin einen Zuwachs von 2,3 Prozent.

Pendler nach Berlin

2009 arbeiteten 71 Prozent aller Brandenburg Auspendler in Berlin. Insgesamt waren es 176 800 Personen. Gegenüber 1995 ergab dies eine Steigerung von 87 Prozent. 84 Prozent davon (148 600 Personen) stammten aus den brandenburgischen Umlandgemeinden. Aus Potsdam kamen 13 300 Einpendler, aus Oranienburg 4800, aus Falkensee 7700 und aus Kleinmachnow 3000. Aus den berlinfernen Gebieten fuhren 28 200 sozialversicherte Beschäftigte zur Arbeit nach Berlin. Das waren laut des Berichts 66,5 Prozent mehr als noch Mitte der 90er.

Pendler nach Brandenburg

Knapp 70 000 Berliner pendelten 2009 zur Arbeit in das Land Brandenburg, ein Anstieg von 27 400 Personen gegenüber 1995. Rund 7800 davon waren in die Randregionen unterwegs, 1995 waren es nur 4700. Für den größten Teil jedoch, 88,6 Prozent, führte der Weg zum Arbeitsplatz ins nahe Umland – vor allem nach Potsdam (13 000). Nach Hennigsdorf im Kreis Oberhavel, das als traditionsreicher Industriestandort des Schienenfahrzeugbaus gilt, waren es 2400, nach Ludwigsfelde im Kreis Teltow-Fläming, Standort von Mercedes-Benz, Rolls Royce und Volkswagen, fuhren 1700. Die Baustelle des Großflughafens BBI in Schönefeld (Dahme-Spreewald) zog 5600 Berufstätige an. Ins weiter entfernte Frankfurt (Oder) mussten 900, nach Cottbus und Brandenburg/Havel jeweils 600 Beschäftigte.

Pendler innerhalb Brandenburgs

Im vergangenen Jahr pendelten 44 000 Personen aus den äußeren Entwicklungsräumen Brandenburgs in die berlinnahen Gebiete, eine Steigerung von 13,2 Prozent gegenüber 1995. Das wichtigste Ziel für Einpendler war Potsdam (9100), gefolgt von Fürstenwalde (4400) und Oranienburg (2500). Vom Berliner Umland in die brandenburgischen Randregionen waren es lediglich 19 400, gut 5000 Personen mehr als 1995.

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