Von Udo Badelt: Rettungsstelle auf Rädern
Mit einem neuen Einsatzmobil können Charité und Feuerwehr Schlaganfallpatienten schneller behandeln
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Berlin - Von außen sieht das Stemo zunächst wie ein normaler Krankenwagen der Feuerwehr aus. Aber das „Stroke Unit Einsatzmobil“ hat es in sich – im wahrsten Sinne des Wortes: Im Fahrzeug befindet sich Medizintechnik, die es möglich macht, nach einem Schlaganfall sofort vor Ort die Diagnose zu stellen und mit der Behandlung zu beginnen. Damit wird wertvolle Zeit gewonnen. Am Freitag haben Karl Max Einhäupl, Chef der Charité, und Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) die Innovation in Berlin vorgestellt. Das Stemo ist das Ergebnis einer berlin-brandenburgischen Kooperation und bislang einzigartig in Deutschland.
„Das Hirn lebt quasi von der Hand in den Mund“, erklärte Einhäupl bei der Präsentation. „Anders als andere Muskeln stellt es bei Unterbrechung der Blutzufuhr, selbst wenn sie nur Bruchteile von Sekunden dauert, sofort seine Funktion ein.“ Die Schadenskaskade würde wie bei einer Lawine klein anfangen und rasend schnell größer werden. Je eher man handelt, desto besser.
Bisher läuft die Rettungskette im besten Fall so ab: Die Verwandten erkennen die Anzeichen eines Schlaganfalls wie herabhängende Mundwinkel und verzögertes Reagieren auf Ansprache. Sie rufen die Feuerwehr, die den Patienten ins nächstgelegene Krankenhaus mit einer Stroke Unit bringt, einer auf Schlaganfall spezialisierten Rettungsstelle. Im schlechtesten Fall werden die Anzeichen nicht erkannt, der Patient kommt irgendwann in irgendein Krankenhaus, wo weitere Zeit verstreicht, bis überhaupt klar wird, dass er einen Schlaganfall erlitten hat.
Das Stemo, vor allem sein mobiler Computertomograf, verkürzt diese Prozesse deutlich. In neun von zehn Fällen ist ein durch Gerinnsel verstopftes Blutgefäß Ursache des Schlaganfalls. Mit einer sogenannten Lyse kann die Verstopfung aufgelöst werden. Aber manchmal ist eben auch das Gegenteil der Fall: Der Schlaganfall wird durch eine Blutung ausgelöst. Hier wäre eine Blutverdünnung fatal. „Der beste Neurologe der Welt kann das nicht von außen sehen“, so Einhäupl, „dazu brauchen Sie einen Computertomografen.“ Die Besatzung des Stemos – ein als Notarzt qualifizierter Neurologe, ein Röntgenassistent und ein Rettungsanitäter der Berliner Feuerwehr – kann innerhalb von Minuten die Blutwerte bestimmen und die Therapie einleiten. Bei der Patientenübergabe ins Stroke Unit geht keine Zeit mit Bürokratie verloren. Ziel ist eine Behandlung innerhalb der sogenannten „goldenen Stunde“, der ersten Stunde nach Symptombeginn, sagt Matthias Endres, Direktor der Klinik für Neurologie.
Bei der Entwicklung haben Wissenschaft und Wirtschaft zusammengearbeitet. Beteiligt waren neben Charité und Berliner Feuerwehr die beiden brandenburgischen Firmen Meytec aus Werneuchen (Barnim) und Brahms aus Hennigsdorf (Oberhavel), gefördert wurde das rund zwei Millionen Euro teure Projekt von der Technologiestiftung Berlin und dem Land Brandenburg.
Noch überwiegt der Forschungscharakter, aber Einhäupl ist zuversichtlich, dass bald andere Städte nachziehen.
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