Brandenburg: Richter krank: Prozess geplatzt Vorteilsnahme eines Korruptionsbekämpfers
Neuruppin - Wegen der Erkrankung eines Richters und dadurch abgelaufener Fristen ist der Korruptionsprozess gegen den früheren Rechtsdezernenten des Landkreises Ostprignitz-Ruppin geplatzt und muss nun neu aufgerollt werden. Das Amtsgericht in Neuruppin wollte ursprünglich am kommenden Freitag ein Urteil in dem Prozess gegen Jörg Tritscher (57) sprechen, der jahrelang ausgerechnet Anti-Korruptionsbeauftragter im Landratsamt war.
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Neuruppin - Wegen der Erkrankung eines Richters und dadurch abgelaufener Fristen ist der Korruptionsprozess gegen den früheren Rechtsdezernenten des Landkreises Ostprignitz-Ruppin geplatzt und muss nun neu aufgerollt werden. Das Amtsgericht in Neuruppin wollte ursprünglich am kommenden Freitag ein Urteil in dem Prozess gegen Jörg Tritscher (57) sprechen, der jahrelang ausgerechnet Anti-Korruptionsbeauftragter im Landratsamt war. Die Anklage legt ihm Vorteilsannahme zur Last. Er soll von 2003 bis 2006 auf Kosten der Abfallwirtschaftsunion Ostprignitz-Ruppin (AWU), einer 51-prozentigen Tochter der Berliner Alba, 17 Privatreisen im Wert von 22 000 Euro in die Ukraine unternommen haben. Zwei damaligen AWU-Geschäftsführern wirft die Staatsanwaltschaft Vorteilsgewährung vor, weil sie die Reisen abgesegnet haben sollen.
Prozessauftakt war Anfang Dezember 2008, bereits vor Weihnachten sollte es ursprünglich ein Urteil geben. Aus Justizkreisen waren ohnehin schon Vorwürfe wegen schleppender Prozessführung laut geworden. Letzter Verhandlungstag war schließlich der 29. Januar. Danach erkrankte der Vorsitzende Richter. Wann das Verfahren von neuem und mit einem anderen Richter beginnt, ist bislang nicht klar. Allerdings sind in den bisherigen Verhandlungstagen pikante Details über das Geschäftsgebahren von Tritscher und den beiden AWU-Chefs bekannt geworden. Der Korruptionsbekämpfer saß als Vertreter des Landkreises, dem Minderheitsgesellschafter, in den Aufsichtsgremien des regionalen Müllentsorgers und war im Landratsamt als Dezernent auch für die Abfallwirtschaft zuständig. Er stellte seine bereits seit 1999 unternommenen Kurztrips in die Ukraine stets als Dienstreisen dar, um für Alba Absatzmärkte und für den Kreis Anschlussvorhaben für ein Ökoprojekt der Europäischen Union zu erkunden. Alba-Vorstand Eric Schweitzer bestritt jedoch als Zeuge, von einem bis 2003 ohnehin ausgelaufenen EU-Projekt oder den Reisen Tritschers nach Kiew gewusst zu haben.
Weil der frühere Kreis-Bedienstete in den Prozess nicht aussagen wollte, war der ermittelnde Staatsanwalt im Laufe des Prozesses in den Zeugenstand geholt worden, der Tritscher vernommen hatte. Demnach soll der Angeklagte Kosten für Taxifahrten und Dolmetscher gegenüber der AWU auf Blanko-Quittungen abgerechnet haben, weil es in Kiew keine Quittungsblöcke gegeben habe. Die Quittungen mit Notizen in kyrillischer und deutscher Schrift hatten die Ermittler bei einer Razzia in den AWU-Räumen gefunden. Verwundert zeigte sich der Staatsanwalt auch darüber, dass die Reisen keine konkrete Ergebnisse gebracht hätten.
Schlüpfrig ist ein weiterer Umstand, der viel Spielraum für Spekulationen lässt und die Staatsanwälte auf einen privaten Anlass für die Reisen schließen ließ. Demnach hatte der frühere Rechtsdezernent bei der Vernehmung vor den Ermittlern Beziehungen zu zwei Frauen in der Ukraine eingeräumt, „die auf Gegenleistungen beruht haben“. Geld soll allerdings nicht im Spiel gewesen sein, vielmehr Geschenke wie Kleider. Angeblich dauerten die Kontakte zu den Bekanntschaften nach Tritschers Darstellung aber nur über ein oder zwei Reisetermine, meist an verlängerten Wochenenden. A. Fröhlich
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