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Brandenburg: Rinderwahnsinn am Zoo
Die Riesenwerbung einer Lieferkette finden viele geschmacklos. Nun will der Auftraggeber spenden
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Berlin - Bis Jahresende wird die als Schmuddelecke verrufene Passage neben dem Berliner Bahnhof Zoo geräumt, 2015 will der US-Investor Hines alles für Neubauten abreißen. Im Vorfeld wurden Riesenposter an Gerüsten angebracht, die zunächst für Computer warben. Die jüngste Reklame ärgert aber nicht nur viele Passanten: „Wir Rinder vom Bahnhof Zoo“, steht über Bildern von Hamburgern, die zum Angebot eines Online-Portals für Essenslieferungen gehören.
Der Slogan spielt mit dem Titel der einst Aufsehen erregenden Biografie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ von Christiane F. Das 1978 erschienene Buch schilderte das Leben drogensüchtiger Kinder und Jugendlicher. Nach knapp zwei Wochen sollte die Werbung des Lieferdienstes Lieferando am 1. November eigentlich ausgewechselt werden – doch Lieferando will nun um zwei Wochen verlängern. Das habe die auf Riesenposter spezialisierte Agentur „BlowUP media“ angeboten. Man nutze die Chance, weil sich das teure Plakat so besser amortisiere.
Bei Hines zeigt man sich verärgert. Ab sofort werde sich der Bauherr „jedes Plakat zur Genehmigung vorlegen lassen“, kündigt eine Sprecherin an. Ebenso wie viele Berliner und Touristen finde man den Slogan „äußerst geschmacklos“. Die Werbung sei unerwartet gekommen. Bisher habe Hines die Vermarktung der Werbefläche ganz der Agentur überlassen.
Lieferando-Geschäftsführer Jörg Gerbig versichert, man wolle „niemanden beleidigen oder auf Kosten anderer werben“. Die Drogenszene am Bahnhof „existiert so ja auch nicht mehr“. Werbung in Deutschland sei oft „relativ eintönig und langweilig“, sagt Gerbig. Deshalb habe seine Firma eine Kampagne mit Wortspielen gestartet, die sich um Speisen drehen – darunter auch „Ich will ein Rind von dir“ oder „Ich bin dir Farfalle“. Am Zoo sei es den Werbern auch um einen lokalen Bezug gegangen.
Zu den Kritikern gehört der Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Marc Schulte (SPD). Allerdings sei „die Bauaufsicht keine Geschmackspolizei“, sagt er. Eine Handhabe gebe es nur bei strafbaren oder klar sittenwidrigen Inhalten. Von Lieferando wünsche er sich eine Spende an Bedürftige. Und diese soll es nun geben: Lieferando werde der Bahnhofsmission der Caritas 5000 Euro zukommen lassen, sagte Gerbig dieser Zeitung. C. Dobberke
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