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Brandenburgs fatale Swap-Geschäfte: Riskante Derivate in Milliardenhöhe
Die Hälfte der Schulden des Landes Brandenburg und die nötigen Zinsen sind über umstrittene Swap-Geschäfte abgesichert. Insgesamt umfassen die Derivat-Geschäfte fast zehn Milliarden Euro.
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Potsdam - Das Land Brandenburg hat in weit größerem Umfang umstrittete Derivat-Geschäfte mit sogenannten Swaps getätigt als bislang bekannt. Das Volumen beträgt fast zehn Milliarden Euro. Mit den Swaps sollen die Zinsen für etwa die Hälfte der Landesschulden, die insgesamt 18,6 Milliarden Euro betragen, möglichst stabil und niedrig gehalten werden.
Kritik an dieser Finanzpolitik kommt vom CDU-Finanzexperten Ludwig Burkardt. Er spricht von einer gezielten Verschleierung und wirft Finanzminister Helmuth Markov (Linke) vor, riskante Spekulationsgeschäfte in seinem Hause zu betreiben, die mit der Erfüllung von Landesaufgaben nichts mehr zu tun haben. „Die Geschäfte sind so kompliziert, dass sie nicht einmal ein Minister erklären kann, sondern nur an seine Fachleute verweist. Ein Geschäft, dass man nicht verstanden hat oder es nicht erklären kann, weil es zu komplex ist, sollte man nicht tätigen“, sagte Burkardt.
Tatsächlich sind Swaps seit der Finanzkrise äußerst umstritten, weil viele Investoren damit nicht reale Geschächte abgesichert haben, sondern als reine Finanzwette benutzt haben, was laut Experten ein Grund für die Verschärfung der Krise war. Eigentlich sind Swaps Tauschgeschäfte, mit denen sich die öffentliche Hand, Firmen und Banken gegen die Folgen von Zinsänderungen bei Krediten, Währungsschwankungen, das Insolvenzrisiko eines Schuldners oder schwankende Energiepreise absichern können. Es wird auf die Entwicklung des Basisproduktes, etwa dss Kredits, in der Zukunft zum Beispiel steigende oder fallende Zinsen, gesetzt – genau darin liegt das Risiko.
Deshalb und wegen der schlechten Erfahrungen einiger Kommunen haben Swaps einen schlechten Ruf. Die Stadt Neuruppin hatte hochriskante Derivat-Geschäfte über 5,5 Millionen Euro in Schweizer Franken abgeschlossen. Die Stadt wollte Kreditzinsen sparen, indem sie die über die künftige Entwicklung von Zinsen und den Umrechnungskurs von Euro und Franken absicherte. Allerdings entwickelte sich der Kurs anders als erwartet, die Stadt machte mit den Swaps einen Verlust von 2,1 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt jetzt gegen den Bürgermeister und den Kämmerer wegen Untreue. Auch andere Städte machten Verlust. Dabei besteht für sie nach Landesrecht ein Spekulationsverbot. Nach PNN-Recherchen stolperten einige Kommunen schlicht über die Vertragsklauseln. Inzwischen befassen sich Juristen damit. Entweder waren die Kommunen mit den komplizierten Finanzierungsmodellen überfordert oder nicht ausreichend beraten.
Das Finanzministerium hat trotz des schlechten Rufs der Swaps kein Problem damit. „Brandenburg spekuliert nicht“, sagte Ministeriumssprecher Thomas Vieweg. Swaps seien ein übliches Instrument. „Es geht nicht darum Geld zu verdienen, sondern nur um das Verhältnis von variabel und fest verzinslichen Krediten abzusichern.“ Konkret geht es darum, die Zinsausgaben zu senken. Der Sprecher erklärte, damit seien die Zinsausgaben des Landes 2011 um 136 Millionen Euro geringer ausgefallen als geplant. 2012 lag die Zinsersparnis bei 122 Millionen Euro.
Im Gegensatz zu dieser Zuversicht bei Markovs Fachleuten warnte der Landesrechnungshof erst vor wenigen Monaten vor den Risiken der Swapgeschäfte und kritisierte fehlende Transparenz. Denn sämtliche Einnahmen und Ausgaben aus Derivatgeschäften lassen sich nicht gesondert gegenüberstellen. Denn Kredite und die zu deren Absicherung abgeschlossenen Swaps beziehen sich nicht direkt aufeinander.
CDU-Finanzexperte Burkardt sagte, es habe schon einen Beigeschmack, dass ausgerechnet die rot-rote Landesregierung solche Derivat-Geschäfte mache, „wo sie doch in der Vergangenheit nicht hinterm Berg gehalten hat mit ihrer Kritik an geldgierigen Kapitalisten und Banken“.
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