Von Thorsten Metzner: Rot-Rot tastet Begabtenklassen nicht an
Platzeck und Kaiser: „Schulstruktur bleibt“ / Keine Studiengebühren, keine Kürzungen bei Hochschulen
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Potsdam - Brandenburgs rot-rote Koalitionäre wollen die 35 Eliteklassen im Land nicht antasten, in denen begabte Kinder schon nach der vierten Klasse – statt regulär erst nach der 6. Klasse – auf die Gymnasien wechseln können. Das haben SPD-Regierungschef Matthias Platzeck und Linke-Fraktionschefin Kerstin Kaiser am Montag nach der dritten Runde der Koalitionsverhandlungen in Potsdam verkündet. Es gehe um eine „kalkulierbare, verlässliche Bildungspolitik“ für die nächsten fünf Jahre, „nicht rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln, sagte Platzeck: „Die Schulstruktur bleibt, wie sie ist.“ Ziel sei es, „die sechsjährige Grundschule zu festigen“, sagte Kaiser.
Deshalb bleibe es bei der bisherigen „Zahl“ der 35 Begabtenklassen an ausgewählten Gymnasien. Für die gibt es besonders im Umland um Berlin eine enorme Nachfrage, weshalb die nun oppositionelle Union schon lange eine Verdopplung fordert. SPD und Linke lehnen dies ab, begründet mit dem Abzug zu vieler kluger Kinder als Gefahr für die sechsjährige Grundschule.
Eine Gemeinschaftsschule, die über die sechsjährige Grundschule und über die aus Real- und Gesamtschulen entstandenen Oberschulen hinausgeht, will aber auch Rot-Rot bis 2014 nicht einführen. Stattdessen soll der Ansatz „möglichst langen gemeinsamen Lernens“, den SPD und Linke verfolgen, über eine bessere Integration und Durchlässigkeit innerhalb des Systems erfolgen, hieß es übereinstimmend. Es werde auch keine „großflächigen Modellversuche geben“, sagte Platzeck.
In der Bildungspolitik, wo beide Parteien programmatisch die größte Übereinstimmung haben, machten SPD und Linke Nägel mit Köpfen: Neben dem neuen Schüler-Bafög für Gymnasiasten aus ärmeren Familien (ab 11. Klasse 110 Euro im Monat, nicht zurückzuzahlen) einigte man sich eine Ausweitung der Sprachförderung für Drei- bis Vierjährige an den Kitas, eine Ausweitung der bestehenden Schulsozialfonds, also einer Härfefallkasse, aus denen etwa bedürftige Kinder die Teilnahme an Klassenfahrten ermöglicht wird. Und laut Kaiser soll jede Grundschule „flexible Eingangsklassen“ bekommen können. Auch deren Zahl ist bisher begrenzt. In diesen Flex-Klassen werden Kinder der 1. und 2. Klassen jahrgangsübergreifend unterrichtet, um schwächere Kinder individueller zu fördern und Besseren ein Überspringen von Klassenstufen zu ermöglichen. In der Wissenschaftspolitik wiederum, so erklärte Platzeck, soll es „keine Kürzungen bei den Hochschulen“ und „keine Studiengebühren“ geben.
Einig sind sich SPD und Linke nach PNN-Informationen auch über eine bessere Kita-Betreuung, wo das Land im Erzieher-Kinder-Verhältnis bundesweit Schlusslicht ist. Bei den Kleinstkindern (unter 3 Jahre) soll der Schlüssel auf einen Erzieher für sechs Kinder (bisher 7), bei den Kitas auf einen Erzieher für 12 Kinder (bisher 13) gesenkt werden. Verkündet wurde das aber bisher nicht, weil noch um die Personalentwicklung der Landesverwaltung, Einstiegskorridore für Lehrer und Polizisten, um die Finanzierung des rot-roten Gesamtpakets gestritten wird. Platzeck: „Alles hängt mit allem zusammen.“
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