Von Alexander Fröhlich: Rot-Rote Energiepolitik auf „vermintem Gelände“
Die Regierungskoalition geht mit der Energiestrategie in die Offensive – und will Konflikte austragen
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Potsdam – SPD und Linke gehen energiepolitisch in die Offensive und versuchen zugleich, den regierungsinternen Streit zu entschärfen. Bis März 2011 soll die Landesregierung einen Bericht über die von der früheren SPD-CDU-Regierung entworfenen Energiestrategie 2020 vorlegen und dabei stärker als bisher auf Erneuerbare Energien setzen. Das fordern die Koalitionsfraktion in einem gemeinsame Antrag, mit dem sich nächste Woche der Landtag befasst.
Zwar sollte Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) bereits Anfang März Eckdaten für eine neue Energiestrategie vorstellen. Doch das Ministerium trägt noch Daten zum Kohlendioxid-Ausstoß einzelner Branchen zusammen, die Abstimmung zwischen den Ressorts läuft noch. Zudem arbeitet das „Referat für strategische Kommunikation“ im Wirtschaftsministerium noch an einer Konfliktliste mit allen brisanten Fragen, bei denen die Landesregierung bislang nur zögerlich Position bezog – Braunkohletagebaue, neue Kraftwerke, Abstände von Wind– und Solarparks zu Wohngebieten, aber auch die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid mit der sogenannten CCS-Technologie. Energiepolitik als „vermintes Gelände“, so sieht es jedenfalls Linke-Wirtschaftsexperte Thomas Domres, der am Dienstag gemeinsam mit Reinhold Dellmann (SPD) den „ambitionierten“ Antrag zur Fortschreibung der „Klima- und Energiestrategie“ vorstellte. In der anhaltenden Debatte gerade bei den Linken über nicht eingehaltene Wahlversprechen zum Braunkohle-Ausstieg ist das Papier ein Befreiungsschlag, dass einen weitreichenden Maßnahmenkatalog vorsieht, dazu gehört eine breit angelegte Kommunikationsoffensive bis in die Schulen, aber auch zu den Plänen des Energiekonzerns Vattenfall für ein Kohlendioxidendlager in Ostbrandenburg. Dellmann will die Debatte weg von der Braunkohle-Verstromung hin zu Industrieanlagen und deren Klimagas-Ausstoß führen. Im Wirtschaftsministerium wird Vattenfall inzwischen offen als „unglücklicher Partner“ mit einem „völlig verfehlten Kommunikationsansatz“ kritisiert.
Das in enger Abstimmung mit Christoffers erarbeitete, neunseitige Papier geht angesichts der Klimawandels über die bisherigen Zielvorgaben hinaus und gibt der Landesregierung einen Prüfauftrag für einen Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch von mehr als 20 Prozent. An der Braunkohle will Rot-Rot so lange festhalten, bis mit Umweltstrom die Versorgung sicher ist. „Unser gemeinsames Ziel ist ein Anteil von erneuerbaren Energien von hundert Prozent“, sagte der vormalige Verkehrsminister Dellmann, der dem Wirtschaftsausschuss vorsitzt. Bis etwa 2045 könnte der Umstieg gelingen. Als Energie-Exporteur trage das Land aber Verantwortung gegenüber Abnehmern wie Berlin, das Land könne Lieferant für Ökostrom sein. Darüber hinaus fordert Rot-Rot einen „Energie- und Klimaschutzatlas“, neue Fördervorgaben zur Energieeffizienz für den Mittelstand und im Baubereich, auch eine stärkere Ausrichtung auf regionale Lösungen, etwa für Landkreise, die den Energiebedarf selbst decken wollen. Auch Umweltstandards stehen in Frage, etwa die restriktiven Abstandsvorgaben für Windparks bei Schutzgebieten für bestimmte Tierarten.
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