zum Hauptinhalt

Von Thorsten Metzner: Rot-rote Mehrheit für Schüler-Bafög

SPD beschließt Einführung – nach der Landtagswahl / CDU lehnt „Taschengeld“ weiter ab

Stand:

Potsdam - Wie sich Metropole und Mark bisweilen unterscheiden: In Berlin lässt der rot-rote Senat begehrte Gymnasialplätze neuerdings verlosen, was in Brandenburg undenkbar wäre und selbst für die Potsdamer Linke-Oppositionsführerin Kerstin Kaiser eine „unglückliche Variante“ ist, wie sie am Dienstag einräumte. Da ist es Kaiser viel näher, dass hierzulande nach dem Willen der Sozialdemokraten nun definitiv ein „Schülerbafög“ für bedürftige Abiturienten eingeführt werden soll.

Die SPD-Faktion hat dazu auf ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause noch einstimmig einen Gesetzentwurf verabschiedet, der allerdings erst nach der Landtagswahl vom Parlament beschlossen werden soll. Es werde eine Bedingung der SPD in Koalitionsverhandlungen sein, egal mit wem, sagte Fraktionschef Günter Baaske. Das Kalkül des jetzigen Beschlusses: „Es ist ein Thema für den Wahlkampf.“ Und nicht neu. In dieser Legislatur war die von Regierungschef Matthias Platzeck geführte SPD mit dem „Schüler-Bafög“ von monatlich 100 Euro, das Schüler ab der 11. Klasse aus bedürftigen Haushalten erhalten sollen und das nicht zurückgezahlt werden muss, nämlich am Veto der Union gescheitert. Prompt signalisierte die Linke, die auf Rot-Rot nach der Wahl setzt, Zustimmung – sofort. Die Linke sei bereit, das Gesetz „noch auf einer Sondersitzung des Landtages in der Sommerpause“ zu verabschieden, erklärte Christian Görke, der parlamentarische Geschäftsführer. Das Gleiche gelte für den von SPD ebenfalls beschlossenen Entwurf für ein Landesvergabegesetz, mit dem öffentliche Aufträge im Land an einen Mindestlohn bei ausführenden Firmen gekoppelt würden. Freilich, einer solchen Turbo-Einlösung von SPD-Wahlversprechen mit rot-roten Mehrheiten noch vor der Landtagswahl, erteilte Baaske wiederum eine Absage. Die SPD stehe zum Koalitionsvertrag mit der CDU, der wechselnde Mehrheiten im Parlament ausschließt. Er hoffe, sagte Baaske, dass auch eine Linke in Regierung „vertragstreu wäre“.

Einig sind sich SPD und Linke aber darin, dass ein Schülerbafög bei der Bewilligung von Sozialleistungen wie Hartz IV nicht angerechnet werden müsste. Um dies zu sichern, soll das Geld zweckgebunden für „Kosten der Schulausbildung“ gezahlt werden, also für Lernmittel, Laptops oder Fachbücher. Kontrollieren werde dies aber niemand, so Baaske. Die Union dagegen verweist auf die klare Bundesgesetzgebung, nach der die Anrechnung auf Hartz IV so nicht verhindert werden kann. Die Christdemokraten lehnen diese Pläne weiter ab. Die fünf Millionen Euro jährlich könnten sinnvoller ausgegeben werden, etwa um Unterrichtsausfall zu vermindern, erklärte der Bildungsexperte Ingo Senftleben.

Die SPD verspricht sich vom Schülerbafög vor allem einen Anreiz, dass mehr junge Leute das Abitur machen und nicht nach der zehnten Klasse die Schule verlassen, um Geld zu verdienen. Bis zu 4000 der 20 000 Schüler der Oberstufen-Jahrgänge könnten laut SPD davon profitieren. Denn bislang machen auch in Brandenburg, obwohl SPD-Minister seit 15 Jahren die Bildungspolitik verantworten, nur wenige Kinder aus sozial schwachen Familien das Abitur.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })