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Von Alexander Fröhlich: Rot-Rote Rechenspiele

SPD und Linke verfehlen ein Ziel: Die angekündigten 8 000 öffentlich geförderten Stellen / Neu werden nur die wenigstens sein

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Potsdam – Es sollte der große Wurf werden, nun entpuppt sich der von der rot-roten Regierungskoalition angekündigte öffentlichen Beschäftigungssektor (ÖBS) als reines Rechenexempel – aus Sicht der Opposition zudem auch nur mit „Taschenspielertricks“ erreicht. Ganze 8 000 sozialversicherungspflichtige Jobs nach Berliner Vorbild hatten SPD und Linke in Brandenburg in ihrem Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt, allein 40 Millionen Euro an Landesmitteln sollten bis 2014 dafür fließen. So steht es im Koalitionsvertrag. Die Linke hatte im Wahlkampf sogar ein Zahl von 15 000 gefordert, musste in den Koalitionsgesprächen davon schließlich Abstand nehmen.

Nun räumt Arbeitsstaatssekretär Wolfgang Schroeder (SPD) ein, 4300 Stellen aus dem „Kommunalkombi“ genannten Bundesprogramm werden zur ÖBS-Statistik hinzugerechnet. Bleiben also lediglich 3700 Stellen vor allem für ältere und schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose, 1200 sollen bis zur Jahresmitte entstehen. Im Haushaltentwurf, den Finanzminister Helmuth Markov (Linke) am heutigen Dienstag im Kabinett vorstellt, sind 1,4 Millionen Euro dafür vorgesehen.

Roswitha Schier, Arbeitsmarktexpertin der CDU-Fraktion im Landtag, nannte das Vorgehen „unredlich“, Rot-Rot rechne sich die 8000 öffentlich geförderten Stellen zurecht, „um Wahlversprechen zu halten“. Arbeitsstaatssekretär Schroeder wies Vorwürfe als „unberechtigt“ zurück, „wir setzen mehr Geld ein und kontrollieren den Einsatz schärfer“.

Für die Opposition ist es aber ohnehin der „falsche Ansatz“. Es gebe für den zweiten Arbeitsmarkt genügend Instrumente wie Ein-Euro-Jobs, Eingliederungs- und Lohnzuschüsse, die müssten nur richtig eingesetzt und nicht neu erfunden werden, erklärte Schier. Zudem trage nicht das Land, sondern der Bund den überwiegenden Teil der Kosten.

Linke-Fraktionsgeschäftsführer Christian Görke bezeichnete die für dieses Jahr vorgesehenen 1200 Stellen dennoch als „anspruchsvoll, das ist ein Markenzeichen der neuen Regierung“. „Wir wären doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir die Kombilohn-Jobs nicht mitnehmen würden.“ Auch diese zählten zum öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Als besonders ehrgeizige Zielmarke zum Ende der Wahlperiode gab Görke sogar „8 000 plus x“ aus. Laut Staatssekretär Schroeder werden auch noch nicht konkrete erfasste Jobs aus den Regionalbudgets berücksichtigt.

In der Praxis aber bereitet das ÖBS-Programm den Koalitionären einiges Kopfzerbrechen. Nach den eigenen Vorgaben müssen die auf immerhin zwei und mehr Jahre angelegten Jobs sozialversicherungspflichtig und „existenzsichernd“ sein, also auf Mindestlohn-Niveau von wenigstens 7,50 Euro pro Stunden liegen, und sie dürfen keine regulären Arbeitsplätze verdrängen. Nicht nur bei der CDU, auch beim Städte- und Gemeindebund herrscht Zweifel, ob das überhaupt möglich ist, ohne den Markt zu beeinträchtigen. Unklar ist auch, wie viel Kombilohn-Jobs existenzsichernd sind und damit die Kriterien erfüllen.

Im Vergleich zum Kommunalkombi will Rot-Rot bei den neuen Stellen aber den Kostenanteil des Landes anheben. Statt bisher 150 Euro sollen es mindestens 200 Euro pro Monat mehr sein, sagte Arbeitsstaatssekretär Schroeder. Bei 100 Euro von den Kommunen und etwa 900 Euro vom Bund soll es bleiben. Noch aber feilt das Ministerium an einem Konstrukt, denn der Bund hat das Kommunalkombi-Programm zum Jahreswechsel beendet. Zuvor bewilligte Arbeitsverträge laufen 2012 aus. Nächste Woche beraten Landesregierung und Kommunen, wie im Land mit Geldern der Bundesagentur für Arbeit Ersatz geschaffen werden kann und welcher Bedarf überhaupt besteht. Auch für Jobs in Naturschutzrevieren muss eine Lösung her. Im März will Schroeder dann Ergebnisse vorlegen.

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