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Brandenburg: Rot-Roter Krach

Streit um Bundesgelder für Kita-Qualität spitzt sich zu. SPD-Fraktionschef widerspricht Finanzminister

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Potsdam - Brandenburgs SPD-Landtagsfraktion hat einen neuen Spruch für ihr Logo. Früher stand da auf dem Bildschirm im Pressekonferenzsaal des Parlamentsschlosses unter dem Fraktionssignet: „Mit dem Gesicht zu den Menschen.“ So war es auch noch bei der letzten Fraktions-Pressekonferenz vor der Sommerpause. Nun stand da am gestrigen Dienstag: „Regieren für das ganze Land.“

Das täte nichts weiter zur Sache, wenn es nicht ein Missverständnis offenbaren würde. Die Landesregierung regiert, das Parlament und seine Mitglieder kontrolliert die Regierenden. Und so frotzelte CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben, die SPD habe wohl nicht das Prinzip der Gewaltenteilung verstanden. Tatsächlich gibt die rot-rote Koalition derzeit ein schlechtes Bild ab, die Opposition kann sich genüsslich zurücklehnen.

Beispiel Kita-Finanzierung. Am heutigen Mittwoch demonstrieren Wohlfahrtsverbände vor dem Landtag. Sie fordern, die Mittel des Bundes für das vom Verfassungsgericht gekippte Betreuungsgeld müsse in die bessere Betreuungsqualität in den Kitas fließen. So hat es auch der Landtag im vergangenen Jahr beschlossen. Die 59 Millionen werden in den Jahren 2016 bis 2018 in drei Jahresscheiben ausgezahlt. Im Nachtragshaushalt für 2016 ist das Geld von Rot-Rot für die von der Koalition vereinbarte Anhebung des Betreuungsschlüssels verbucht worden – also mit dem Segen der SPD. So ist es auch im Regierungsentwurf für den Doppelhaushalt 2017/18 vorgesehen. Aus Sicht des von Christian Görke (Linke) geführten Finanzministeriums sind damit die Vorgaben erfüllt.

Die SPD und die Wohlfahrtsverbände sehen das jetzt anders – als hätte Bildungsminister Günter Baaske (SPD) am Kabinettstisch den Etatentwurf nicht abgesegnet. Die Verbände werfen Görke sogar Wortbruch vor – und dass er sich nicht an den Landtagsbeschluss halte.

SPD-Fraktionschef will den Haushalt in der parlamentarischen Debatte mit Änderungsanträgen nun wieder aufschnüren. Seine Argumentation: Das Betreuungsgeld komme einmalig und zusätzlich vom Bund, die Anhebung des Betreuungsschlüssels sei 2014 im Koalitionsvertrag ohnehin – auch ohne Einpreisung des Betreuungsgelds – vereinbart worden. Bischoff will das Geld nun lieber in sein vergangene Woche auf der Fraktionsklausur vorgestelltes 50 Millionen Euro teures Programm "Kita-Plus" stecken. Geplant ist die Freistellung der Kita-Leiter von Betreuungsaufgaben und mehr Personal für Kitas in Problem-Kiezen. Vor allem aber soll nach Bischoffs Willen das Geld in den Neubau von Kitas im Speckgürtel und die Sanierung von Einrichtungen in den Randregionen fließen. Das kostet 40 Millionen Euro.

Senftleben kommentierte, man könne einen Euro nur einmal ausgeben. Rot-Rot befinde sich offenbar in einer schweren Krise. „Nicht miteinander zu reden, das kann vielleicht in Eden passieren, aber nicht in einer Regierungskoalition“, sagte er. Der Finanzminister habe die Gelder bereits eingepreist. Man könne eine klare Linie von der Regierung erwarten, damit die Kitas, Erzieher und Kommunen wissen, worauf sie sich verlassen können.

Linke-Fraktionschef Ralf Christoffers versuchte zu beschwichtigen. Auf die Frage, wie es sein kann, dass SPD-Führungsvertreter der Wohlfahrtsverbände am Mittwoch bei der Demonstration den Linke-Finanzminister und Vize-Regierungschef direkt angreifen, antwortete Christoffers ausweichend. Es gehe den Initiatoren doch grundsätzlich um mehr Qualität in den Kitas. Hinter vorgehaltener Hand ist bei den Linken der Ärger über die SPD groß. Das sei ein Fall für den Koalitionsausschuss, hieß es.

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