Von Thorsten Metzner: Rot-roter Krach um Mindestlohn
Brandenburgs SPD-Fraktion will eine Verschärfung des von Wirtschaftsminister Christoffers vorgelegten Gesetzes
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Potsdam - In Brandenburgs rot-roter Koalition droht Krach um das Vergabegesetz, mit dem im Land der von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) im Wahlkampf versprochene Mindestlohn von 7,50 Euro bei öffentlichen Aufträgen durchgesetzt werden soll: Die SPD-Landtagsfraktion will nach PNN-Informationen auf eine deutliche Verschärfung des aus ihrer Sicht „zu liberalen und inkonsequenten“ Gesetzentwurfes drängen, den Linke-Wirtschaftsminister Ralf Christoffers jetzt fertiggestellt hat. Gleichzeitig gerät dieser aus der Wirtschaft unter Druck.
Nachdem die PNN exklusiv erste Details der noch internen Pläne veröffentlichten, drohte am Montag der Ostdeutsche Textilreinigungsverband umgehend mit einer Klage: In der Branche gelte seit 1. April 2010 ein Mindestlohn von 6,50 Euro, vom Bundesminister für Arbeit auf Grundlage des Entsendegesetzes verkündet, erklärte Geschäftsführer Steffan Rimbach. Er warnte vor der geplanten Brandenburger 7,50-Euro-Regelung. „Sollte eines unserer Mitglieder nachweislich einen Auftrag nicht bekommen, werden wir gemeinsam den Rechtsweg beschreiten.“
Um den Christoffers–Entwurf gibt es mittlerweile eine paradoxe rot-rote Gefechtslage. Die Linke-Fraktion hat sich trotz Bauchschmerzen aus Koalitionsräson bereits weitgehend damit abgefunden, aber in der SPD rumort es. In einem vertraulichen Eckpunktepapier des zuständigen SPD-Arbeitskreises, das von Wirtschaftsausschuss-Chef Reinhold Dellmann, dem Finanzexperten Mike Bischoff, dem Gewerkschafter Detlev Baer, dem Wirtschaftspolitiker Sören Kosanke, aber auch von Sozialminister Günter Baaske mitgetragen wird, werden umfangreiche Nachbesserungen gefordert. Eine Einbeziehung der Kommunen sei zwingend, heißt es dort. „Die bloße Empfehlung an die Kommunen, das Gesetz anzuwenden, ist nicht ausreichend.“ Das Vergabegesetz müsse darüber hinaus „explizit“ auch für Einrichtungen und Firmen gelten, deren Anteile sich ganz oder überwiegend in der Hand des Landes befinden, was bislang nicht geplant ist. So wären die Preußische Schlösserstiftung oder Landesunternehmen nicht an den Mindestlohn gebunden. Dabei war der im Sommer 2009 von der SPD präsentierte Mindestlohn-Gesetzentwurf, mit dem Platzeck in den Wahlkampf zog, von einer umfassenden Gültigkeit ausgegangen.
Allerdings hat die SPD selbst ein massives Abstimmungsproblem. Denn der Gesetzentwurf von Christoffers entspricht weitgehend den Vorgaben von Ministerpräsident Matthias Platzeck und dem Kabinett, auf die man sich nach heftigen internen Turbulenzen verständigt hatte. Er geht bewusst nicht so weit wie das rot-rote Vergabegesetz in Berlin, wo öffentliche Aufträge nicht nur an Mindestlöhne, sondern auch an die Einhaltung sozialer, ökologischer und Frauenförderstandards gekoppelt werden. Genau das fordern auch die Grünen, im Landtag in der Opposition. Es sei unverständlich, „dass sich ausgerechnet ein Minister der Linkspartei gegen ein ökologisches und soziales Vergabegesetz sperre“, sagte Landesvorsitzende Annalena Baerbock. Brandenburg dürfe nicht hinter Berlin zurückfallen. Unterschiedliche Standards zwischen den beiden Ländern würden zudem diametral die Bestrebungen der rot-roten Landesregierungen nach einem einheitlichen Wirtschaftsraum Berlin-Brandenburg konterkarieren.
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