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Brandenburg: Rotes Brandenburg

Michael Mara

Stand:

Michael Mara Dass Brandenburg rot gewählt, die CDU tüchtig abgestraft hat, kommt nach den Ereignissen der letzten Wochen nicht überraschend. Zwar lag die märkische Uniuon im Juni bei einer Umfrage von Infratest dimap mit 33 Prozent knapp vor der SPD mit 31 und der PDS mit 22 Prozent. Manche in der CDU sahen ihre Partei damals schon als Wahlsieger. Doch das war, bevor CDU-Landeschef Jörg Schönbohm und Bayern-Regent Edmund Stoiber mit abwertenden Äußerungen über Ossis eine Welle der Empörung in Ostdeutschland auslösten. Schönbohms These von der Proletarisierung der Ostdeutschen durch das SED-Regime, fatalerweise im Zusammenhang mit den neunfachen Frankfurter Babymorden geäußert, beherrschte wochenlang die Schlagzeilen. Der CDU-Landeschef überstand zwar einen Entlassungsantrag der PDS im Landtag. Doch attackierte er kurz darauf die Spitzenkandidatin der Linkspartei.PDS Dagmar Enkelmann öffentlich mit falschen Stasi-Anschuldigungen, verweigerte eine Entschuldigung, was ihm weitere Kritik einbrachte. Es war klar, dass der Wähler das alles nicht ignorieren würde. Im August, auf dem Höhepunkt der Debatten um Schönbohm und Stoiber, brach die märkische Union laut Infratest dimap in der Wählergunst um deutliche 12 Punkte ein und erreichte nur noch 21 Prozent. Kommentatoren sprachen von einem politischen Erdrutsch. Davon konnte sich die Union bis zum Wahltag nicht mehr erholen, zumal der CDU-Landeschef auch in der Popularitätsskala weiter abstürzte. Die Märker gaben ihm nur noch die Note 4,2 (Juni 3,1) - der bislang schlechteste Wert eines Brandenburger Politikers. So ging es vor allem um Schadensbegrenzung, als Jörg Schönbohm in den vergangenen zwei Wochen über Brandenburgs Marktplätze zog. Allerdings mit auffallend geringer Resonanz. Die Union wird sich jetzt, wenn sie aus ihrem Tief heraus will, der lange verdrängten Frage nach den Ursachen der schweren Niederlagen bei der Landtagswahl 2004 und der Bundestagswahl 2005 stellen müssen. Dabei hat Schönbohm womöglich Glück im Unglück: Da seine Partei bundesweit stark abstürzte, gerät das miserable Brandenburger Ergebnis etwas in den Hintergrund. Dennoch steht die personelle Erneuerung der märkischen Union auf der Tagesordnung. Das dürfte auch Schönbohm so sehen. Die Ursachen dafür, dass die SPD stärkste politische Kraft wurde, haben sicher mit Regierungschef Matthias Platzeck zu tun, dem nach Umfragen populärsten Politiker in Brandenburg. Der rund zehnprozentige Abstand zur zweitplazierten Linkspartei und der Gewinn aller zehn Direktmandate im Land sprechen für sich. Trotzdem musste die SPD gegenüber der letzten Bundestagswahl Federn lassen: 2002 bekam sie noch 46 Prozent. Auffallend ist aber auch, dass der Vorsprung, den die märkische SPD früher gegenüber der Bundespartei hatte, geschmolzen ist. Nicht zu bestreiten ist, dass sich die Linkspartei.PDS in Brandenburg endgültig als Volkspartei etabliert hat. Wie bei der Landtagswahl deklassierte sie die Union und wurde zweitstärkste Kraft - mit deutlichen Zugewinnen gegenüber der letzten Bundestagswahl. Doch auch für die frühere PDS, die sich jetzt Linkspartei nennt, wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Obwohl sie vom frust im land profitiert, kann sie nicht an der SPD vorbeiziehen. Selbst ihre prominentesten Kandidaten Lothar Bisky und Dagmar Enkelmann schaffen es nicht einmal, ihre Wahlkreise zu gewinnen - trotz blasserer Gegenkandidaten der SPD.

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