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Brandenburg: Rücktrittsdrohung schon vor der Wahl
Gregor Beyer löst Parteichef Heinz Lanfermann ab – und musste sich seine Wunschspitze erzwingen
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Potsdam - Es war ein Wahlkrimi bei Brandenburgs Liberalen, ehe diese mitten in der Krise der Bundespartei ihre eigene Parteispitze erneuerten. In der Landtagsfraktion war dies schon vor einem Jahr über die Bühne gegangen: Auf dem FDP-Landesparteitag am Sonnabend in Potsdam ging die Wahl des bisherigen Generalsekretärs Gregor Beyer zum neuen Parteichef zwar glatt über die Bühne. Der 42-Jährige wurde mit einer Mehrheit von 81Prozent (153 Ja, 29 Nein, 6 Enthaltungen) gewählt. Es gab keinen Gegenkandidaten. Er löst den langjährigen Landeschef und Bundestagsabgeordneten Heinz Lanfermann ab, unter dem die FDP 2009 nach 15-jähriger Abstinenz den Wiedereinzug in den Landtag geschafft hatte. Mit Landtagsfraktions-Chef Andres Büttner und dem neuen Parteichef Beyer hat die Brandenburger FDP damit ein neues, ambitioniertes und ehrgeiziges Führungsduo. Nun war auch Stufe Zwei des Projekts, das beide vor über einem Jahr ausklamüsert hatten, erfolgreich.
Aber im Selbstlauf gelang dies nicht, vor und hinter den Kulissen waren Störfeuer und Widerstände überdeutlich. So brach auf dem Parteitag erneut offen ein Machtkampf aus, bei dem der designierte neue Parteichef Beyer sogar schon vor seiner Wahl offen mit Rücktritt drohte, um Führung zu zeigen. Anlass waren Kampfkandidaturen gleich gegen zwei von drei Mitgliedern seines Team-Vorschlages für die Vize-Posten, nämlich gegen die junge Landtagsabgeordnete Linda Teuteberg und gegen Heiko Krause, Kreischef in Märkisch-Oderland. Beide wurden zwar gewählt, ebenso der Bundestagsabgeordnete Martin Neumann. Doch vorher musste Beyer alles auf eine Karte setzen – und knüpfte sein Schicksal daran. „Es geht um einen Neuanfang oder Weiterwursteln“, warnte er. „Für ein Weiterwursteln stehe ich nicht zur Verfügung.“ Wären Teuteberg und Krause durchgefallen, hätte Beyer sofort seinen Rücktritt erklärt, wie er den PNN bestätigte. Umso größer war die Erleichtung. Er kündigte eine „personelle, programmatische und strukturelle“ Erneuerung der Partei an, die sich nicht auf Rückenwind der Bundesebene verlassen dürfe, sondern den Wiedereinzug in den Landtag 2014 aus eigener Kraft schaffen müsse. „Wir müssen eine Antwort liefern, was brandenburgischer Liberalismus konkret für die Menschen im Land bedeutet.“
Ein Sittenbild, dass die inneren Zustände der FDP von diesem Anspruch noch weit entfernt sind, zeigte die Bewerbungsrede der Potsdamer Abgeordneten und jetzigen Vize-Landeschefin Teuteberg, die sich gegen Intrigen und Unterstellungen verwahrte. „Es gibt Leute, die begreifen die FDP als Stellenbörse“, sagte sie. „Wir brauchen einen Neuanfang.“ Es gebe zuviel „Phrasendrescherei“, zu viel „Denunziatorisches“, sie wolle einen „veränderten Landesverband.“ Denn die FDP brauche doch „keine Angst“ davor haben, als „Ansammlung kreativer Individualisten“ etwas für die Brandenburger zu tun.
Womit, ohne Namen zu nennen, der Hintergrund der Kämpfe beschrieben war. Es ist der konfliktreiche Generationswechsel nach der Ära Lanfermann, der die FDP eher wie ein Patriarch führte und nach acht Jahren nicht wieder antrat, aber mit der Führungscrew Büttner/Beyer doch nicht im Reihen ist. Entgegen früheren Ankündigungen schlug Lanfermann in seiner Abschiedsrede Beyer nicht als Nachfolger vor. Im Umfeld Beyers war von der „letzten Rache“ die Rede.
Vor dem Wechsel an der Parteispitze war voriges Frühjahr bereits Landtagsfraktionschef Hans-Peter Goetz gestürzt und von Andreas Büttner abgelöst worden. Am damaligen Führungsduo Lanfermann/Goetz hatte es wachsende Kritik gegeben. Nun war Goetz, jüngst zum Kreischef in Potsdam-Mittelmark gewählt, einer der gescheiterten Gegenkandidaten. Er versicherte der neuen Führung zwar Loyalität, machte aber demonstrativ publik, dass Beyer ihn damals zum Rücktritt zwang. Trotz Krise der Bundes-FDP und der eigenen inneren Turbulenzen zeigte sich die FDP-Führung selbstbewusst. „Rot-Rot ist gescheitert. Sie können es nicht“, sagte Fraktionsschef Andreas Büttner. Er formulierte als Ziel der Partei für die Landtagswahl 2014 nicht nur den Wiedereinzug ins Parlament. Büttner: „Wir müssen so stark sein, eine liberale Regierungs-Option bieten zu können.“
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