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Brandenburg: Rücktrittsforderung gegen Verfassungsrichter

Florian Havemann sorgt mit Buch über Vater Robert Havemann für Schlagzeilen. Betroffene aus Familie und Umfeld sehen Persönlichkeitsrechte verletzt

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Potsdam - Der Fall dürfte einmalig sein: Führende Repräsentanten des Landes Brandenburg sind jetzt mit der brisanten Frage konfrontiert worden, ob der Verfassungsrichter Florian Havemann, Jahrgang 1952, „weiterhin in diesem Amt tragbar ist“. Diese indirekte Rücktrittsforderung wird in einem Brief an Verfassungsgerichtspräsidentin Monika Weisberg-Schwarz erhoben. Das Schreiben, das den PNN vorliegt, wurde auch an Landtagspräsident Gunter Fritsch, Ministerpräsident Matthias Platzeck und andere Spitzenpolitiker gesandt. Es geht darin um das hoch umstrittene Buch des Künstlers mit dem Titel „Havemann“, einer harten Abrechnung mit seinem Vater, dem DDR-Dissidenten Robert Havemann, das bundesweit seit Monaten für Schlagzeilen sorgt. Die Reaktionen des offiziellen Brandenburg auf die Rücktrittsforderung gegen Florian Havemann fallen allerdings verhalten aus.

Absender ist der Potsdamer Prof. Bernhard Wambach-Havemann, der die Integrität von Florian Havemann als Verfassungsrichter massiv in Frage gestellt sieht, weil der Künstler in dem Buch „Persönlichkeitsrechte von Lebenden und Toten verletzt“ habe, wie er schreibt. Tatsächlich hatte der Suhrkamp-Verlag das im November 2007 erschienene Werk einen Monat später vom Markt genommen – nach erfolgreichen juristischen Einwänden Dritter. Sie sahen sich in dem autobiographisch angelegten Buch in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt und diskreditiert, weil Havemann etwa dem Liedermacher Wolf Biermann intime Kontakte zur DDR-Volksbildungsministerin Margot Honecker oder seiner Schwester eine inzestuöse Beziehung zu Robert Havemann unterstellt hatte.

In einer Internet-Version, die der Suhrkamp-Verlag inzwischen veröffentlicht hat, sind die inkriminierten Passagen geschwärzt. Florian Havemann verteidigte sich in Interviews und im Buch selbst damit, dass er „seine“ Wahrheit erzähle, „nur Geschichten, für die ich keine Beweise vorlegen kann. Die ich erzähle, weil ich sie für wahr halte, für wahr gehalten habe, für zumindest möglich. Plausibel. Vorstellbar“. Das juristische Veto Betroffener kommentierte er einmal so: „Es geht letztendlich um die Zerstörung eines literarischen Werkes.“ Für Wambach-Havemann, mit Sybille Havemann, der Tochter von Robert Havemann verheiratet, geht es dagegen um Rufmord. Für ihn ist Havemanns Umgang mit Persönlichkeitsrechten unvereinbar mit dem Amt eines Verfassungsrichters. Sein Brief endet mit dem Satz: „Ich sehe es als unerträglich an, dass Florian Havemann meine verfassungsmäßigen Rechte auf die ,Menschenwürde als Verfassungsrichter schützen soll“. Ein Verfassungsrichter, so fügte er gegenüber den PNN hinzu, „muss doch Vorbild sein“. Um so „enttäuschender“ ist für ihn, wie sein bereits Ende Februar abgesandter Appell bislang in Brandenburg verhallt. So hat Verfassungsgerichtspräsidentin Weisberg-Schwarz nicht geantwortet. Sie sehe in dem Fall, wie sie auf Anfrage sagte, auch keine Notwendigkeit und Möglichkeit zum Handeln. Auch Parlamentspräsident Gunter Fritsch (SPD) verwies in einer Antwort auf die Rechtslage, dass Havemann 1999 mit der erforderlichen Zwei–Drittel-Mehrheit gewählt wurde: Soweit ein Verfassungsrichter nicht selbst seine Entlassung beantrage, ende seine Amtszeit nach zehn Jahren, hier also 2009. Als weitere Ausscheidungsgründe sehe das Gesetz nur „dauernde Dienstunfähigkeit, rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe oder Wegfall der Voraussetzungen der Wählbarkeit vor“. Bedeutet das, dass ein Verfassungsrichter ansonsten so weit gehen kann wie er will?

Mit dieser heiklen Frage will sich im Landtag fast niemand befassen. „Ich äußere mich dazu nicht“, sagt etwa SPD-Fraktionschef Günther Baaske. Kerstin Kaiser, Fraktionschefin der Linkspartei, auf deren Vorschlag Florian Havemann 1999 gewählt wurde, antworte lapidar: Es handle sich „um rechtliche Auseinandersetzungen, auf die unsere Fraktion keinen Einfluss nehmen darf“. Lediglich CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek sieht die Sache kritisch. Er macht keinen Hehl daraus, dass er das Agieren von Florian Havemann, der sich öffentlich im Zusammenhang mit seinem Buch auch auf seine Tätigkeit als Verfassungsrichter berief, für „problematisch“ hält. „Für einen Verfassungsrichter wäre eine größere Zurückhaltung angebracht“, sagte Lunacek. Er bleibt eine Ausnahme.

Florian Havemann kennt den Brief. An ihn seien danach weder aus dem Verfassungsgericht, noch aus der Politik Kritik oder gar Rücktrittsforderungen herangetragen worden, sagte er den PNN. „Überhaupt nicht.“ Er sieht sich bestätigt, dass seine Kunst und das Richteramt „nichts miteinander zu tun“ haben. Er habe vor seiner Wahl darauf hingewiesen, dass er sich weiter als Künstler subjektiv artikulieren, zugleich aber sachlich im Verfassungsgericht arbeiten werde. „Jetzt haben wir den Salat.“

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