Von Jörn Hasselmann: S-Bahn krachte an Bahnübergang in Sattelschlepper
Drei Verletzte bei Unfall in Neuenhagen. Lkw verfehlte beim Rangieren die Baustelle an der Trasse
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Neuenhagen - Eine mit 90 Reisenden besetzte S-Bahn ist am Montagvormittag in Brandenburg auf einem Bahnübergang in einem mit Betonplatten beladenen Sattelschlepper gekracht. Bei dem Unfall wurden der Fahrer des Zuges und zwei Reisende verletzt – der Fahrer schwerer. Der LKw-Fahrer erlitt einen Schock. Der Unfall geschah im Ortskern von Neuenhagen (Märkisch-Oderland), der nur mit Halbschranken gesicherte Bahnübergang liegt an der viel befahrenen, nach Berlin führenden Hauptstraße im Ort. Der Bahnübergang war bis in den späteren Nachmittag gesperrt, die Linie S5 verkehrte zwischen Hoppegarten und Fredersdorf nicht. Die Bahn hatte einen Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet
Nach Angaben der Bundespolizei wollte der Sattelschlepper jedoch nicht den Bahnübergang queren, sondern auf eine Baustelle direkt am Bahnübergang einbiegen. Da der Fahrer des überlangen Gefährts die schmale Einfahrt nicht im ersten Versuch geschafft hatte, setzte er beim Rangieren noch einmal zurück. Zwischenzeitlich waren jedoch die Halbschranken – ferngesteuert – geschlossen worden, da eine S-Bahn aus Strausberg sich näherte. Der Lkw soll dann beim Rangieren rückwärts an der Halbschranke vorbei in den Gleisbereich geraten sein. Der Fahrer der S-Bahn konnte wegen einer Kurve dies nicht rechtzeitig sehen, und erst im letzten Moment eine Notbremsung einleiten – die Bahn krachte in das Heck des Lasters. Durch die Wucht des Aufpralls wurde der Sattelschlepper weggeschleudert, der Zug kam erst nach etwa 100 Metern zum Stehen. Einen Helfer zum Einweisen in die Baustelleneinfahrt hatte der Lkw-Fahrer offensichtlich nicht. Die Polizei ermittelt deshalb gegen den Mann.
Die S-Bahn war nicht mit vollem Tempo wie auf freier Strecke unterwegs, da 200 Meter hinter dem Unglücksort der Bahnhof Neuenhagen liegt. Der Zug soll nur etwa 50 km/h gefahren sein, hieß es bei der Bundespolizei. Die 90 Reisenden im Zug waren nach einer halben Stunde vom Bahnpersonal und örtlicher Feuerwehr aus dem Zug geholt worden. Die S-Bahn war nicht entgleist, hatte jedoch schwere Schäden im Frontbereich. Der 48-jährige Triebfahrzeugführer kam mit einem Beinbruch, Prellungen und einem Schock ins Krankenhaus. Über die Schwere der Verletzungen bei den beiden Fahrgästen gab es zunächst keine Angaben. In Lebensgefahr seien die beiden Frauen jedoch nicht.
Die Zahl der Unfälle an Bahnübergängen sinkt seit Jahren ebenso kontinuierlich wie die Zahl der Anlagen insgesamt. In Berlin gibt es noch 27 Schrankenübergänge im Netz der Deutschen Bahn, etwa die Hälfte davon ist Fußgängern vorbehalten. Seit 1999 wurde bundesweit fast jeder vierte Bahnübergang beseitigt oder durch eine Brücke oder einen Tunnel ersetzt. In Brandenburg sank die Zahl von 1665 im Jahr 2002 auf nunmehr 1232 – dies allerdings überwiegend durch Streckenstilllegungen.
Der letzte schwere Unfall liegt erst vier Wochen zurück. Wie berichtet, wollte eine 69-Jährige in Falkensee (Havelland) trotz geschlossener Halbschranke die Gleise überqueren. Sie wurde von einem Regionalzug erfasst und war sofort tot. Im Juni 2009 wollte eine 89-Jährige das S-Bahn-Gleis an der Berliner Oberspreestraße überqueren. Sie wurde von einer S-Bahn erfasst und getötet. Im Januar des vergangenen Jahres starb eine 76-Jährige – ebenfalls auf dem Bahnübergang in Neuenhagen.
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