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Designierter CDU-Landeschef: Schierack: CDU soll keine zweite SPD werden

UPDATE. Nachdem Saskia Ludwig ihren Rücktritt erklärt hat, hat die CDU in Brandenburg sich für einen neuen Vorsitzenden entschieden. Michael Schierack will die Union kooperativ führen und grenzt sich von Ludwig ab.

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Potsdam - Er ist in schwierigen Operationen geübt, an Knien, an Gelenken. Er hat einen Beruf, der immer seltener wird in Brandenburg, wo auf dem Lande immer mehr Fachärzte fehlen. Doch jetzt will Michael Schierack, 46 Jahre, Orthopäde mit Professorentitel und eigener Praxis, Landtagsabgeordneter aus Cottbus, den Vorsitz der krisengeschüttelten brandenburgischen CDU übernehmen. „Das war nicht meine Lebensplanung. Ich bin nicht der klassische Berufspolitiker, aber irgendwann muss man sich entscheiden“, sagt Schierack, der sich am Donnerstag trotz ständig klingelnder Telefone erst einmal weiter um seine Patienten kümmerte. Was denn sonst.

Mittwochnacht war er vom 25-köpfigen CDU–Landesvorstand am Ende überraschend klar mit nur einer Enthaltung für die Nachfolge der gestürzten Parteichefin Saskia Ludwig nominiert worden, ein Ehrenamt, ein Fulltime-Job. Die Arztpraxis ganz aufgeben wird er trotzdem nicht. „Fünf Tage Partei und Landtag, zwei Tage Praxis.“ Die ist ein Stimmungsbarometer, wie die Leute fühlen und denken, was für eine Partei und ihren Vorsitzenden nur gut sein kann, gerade in der Nach-Ludwig–Union. Davon ist er überzeugt. „Das hat mich immer geerdet.“

Für viele ist Schierack, erst seit 2001 CDU-Mitglied, seit 2005 Vize-Landesvorsitzender, eher ein unbeschriebenes Blatt. Aus Grabenkämpfen der CDU hielt er sich, der für Ausgleich, für Sachpolitik steht, möglichst raus. Und doch ist er im Stil, im Anspruch, und damit, wohin er mit der märkischen Union will, gewissermaßen der Gegenentwurf zu Ludwig, die immer eisiger rüberkam und mit dem harten Kurs selbst die anderen Oppositionsparteien FDP und Grüne als Partner verprellte. Schierack, Vize in Partei und Fraktion, warnte intern – vergeblich.

Kaum nominiert setzt Schierack nun erste Zeichen, dass er einen kooperativeren Führungsstil pflegen, einen gemäßigteren Oppositionskurs der Brandenburger Union einleiten wird: Er drängt auf Aufklärung des BER–Skandals, stehe „aber klar zum Flughafen Schönefeld“. Eine „konservative“ Gegenposition zur Linie von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Ludwig pflegte, eine solche Einengung der CDU, wird es mit ihm nicht geben. „Wir sind eine pluralistische, bürgerliche Partei.“ Die werde im Land gebraucht, im Übrigen „keine zweite Sozialdemokratie“. So ist es zu verstehen, wenn er verspricht, dass es auch mit ihm „keinen Schmusekurs“, keine Anbiederung an die SPD geben wird – aber eben auch kein vergiftetes Verhältnis, das von vornherein eine Koalition 2014 ausschließt.

Pragmatisch und machtbewusst, das ist er allemal. Als CDU-Kreischef hatte er 2006 etwa keine Probleme, den Oberbürgermeisterkandidaten der Union in Cottbus auch von den Linken unterstützen zu lassen. Es sei ein Sonderfall gewesen auf kommunaler Ebene, sagt er dazu heute, „kein Modell für das Land“. Und Schierack weiß um die Zweifel, ob er die nötige Härte, Führungsstärke mitbringt, gerade in diesem Landesverband, der den Ruf einer Schlangengrube hat. Das ist ihm bewusst, er will die Zeit bis zur Wahl am 17. November nutzen, um sie zuzustreuen. „Ich weiß, dass man nicht im Schlafwagen Parteivorsitzender wird.“ Die erste Machtprobe hat er bei seiner Nominierung, um die bis zuletzt erbittert gerungen wurde, gewonnen. Der neue Fraktionschef Dieter Dombrowski, der auch den Parteivorsitz wollte, verzichtete. Vor allem blieb Schierack hart, als ihm der parlamentarische Geschäftsführer Ingo Senftleben als Generalsekretär vorgesetzt werden sollte, dem Schlüsselposten, für den der Parteivorsitzende das Vorschlagsrecht hat. Schierack setzte seine Personalie durch: Anja Heinrich, direkt gewählte Landtagsabgeordnete aus Elbe-Elster, wie er bodenständig und unterschätzt, aber an der Vorbereitung des Führungswechsels beteiligt. Aus ihrer Feder stammt das Memorandum der vier CDU-Landräte mit der Rücktrittsforderung an Ludwig, das deren Sturz beschleunigte.

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