Brandenburg: Schlag gegen Anabolikahandel
Polizisten durchsuchten 52 Wohnungen und Sportstudios. Anführer der Schmugglerbande sitzen in Haft
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Berlin/Potsdam - Der Polizei ist nach einjähriger Ermittlungsarbeit ein Schlag gegen den bandenmäßig organisierten Handel mit Anabolika gelungen. In einer groß angelegten Durchsuchung von insgesamt 52 Wohnungen und Sportstudios in Berlin, Brandenburg, Niedersachsen und Polen stellten die Beamten am gestrigen Dienstag neben mehreren Autos und 70 000 Euro in bar auch hunderte Packungen Anabolika und Wachstumshormone sicher. Diese Präparate, die zum Beispiel Bodybuilder schlucken, sollen das Muskelwachstum fördern und die Leistungskraft steigern. Sie lösen aber auch teilweise erheblichen Nebenwirkungen aus.
Rund 240 Beamte, darunter Spezialkräfte der Bundespolizei, waren an der Razzia, die am Dienstag um 5 Uhr morgens begann, beteiligt. Die Leitung der Aktion hatte des Landeskriminalamt Berlin gemeinsam mit den Zollfahndungsämtern Berlin/Brandenburg und Hannover. Dabei wurden sieben Männer und eine Frau festgenommen. Sie sollten noch im Laufe des Dienstages dem Haftrichter vorgeführt werden. Nach Angaben von Uwe Schmidt, leitender Kriminaldirektor im Berliner LKA, habe man die gesamte Führungsspitze des Netzwerks gefasst, das die Anabolika zum Beispiel aus Thailand nach Deutschland schmuggelte und von hier aus europaweit exportierte. Einer der Beschuldigten – Boris K. – wurde mit Hilfe der polnischen Behörden in einem Dorf in der Nähe von Danzig festgenommen. K. hatte nicht nur originalverpackte Anabolika in seiner Wohnung gehortet, sondern auch selbst hergestellte Präparate.
Insgesamt werde gegen rund 30 Beschuldigte ermittelt, sagte Schmidt auf der Pressekonferenz am Dienstagnachmittag. Außerdem würden auch Käufer der Präparate befragt – als Zeugen, da der Erwerb für den Eigenbedarf in Deutschland nicht strafbar sei, sagte der Berliner Staatsanwalt Thorsten Cloidt. Die Befragungen würden schwierig sein, da die Abnehmer als Verräter gelten könnten und so ihren eigenen Nachschub abschnitten.
Die Vorwürfe gegen die Beschuldigten lauten illegaler Handel mit Arzneimitteln und Bildung einer kriminellen Vereinigung. Denn das Netzwerk zeige alle Merkmale dafür, sagt Staatsanwalt Cloidt: zum Beispiel Konspiration und Gewalt gegen Szeneaussteiger. So habe man einen Ausstiegswilligen in ein Sportstudio bestellt und dort „physisch bearbeitet“.
Diese kriminelle Vereinigung besteht seit mindestens 2003 und handelt innerhalb der internationalen Bodybuilder-Szene gewerbsmäßig mit Anabolika und Wachstumshormonen. Sie führten die Präparate beispielsweise aus Thailand ein und verkauften sie dann zum zehnfachen Preis. „Die Vertriebsstruktur und die Gewinnspannen ähneln dem Rauschgifthandel“, sagt Kriminaldirektor Schmidt. Aber die öffentliche Aufmerksamkeit gelte wesentlich mehr dem Drogenschmuggel. „Der illegale Anabolikahandel segelt in dessen Schatten.“
Die Einnahme von Anabolika und Wachstumshormonen sei inzwischen ein Modetrend quer durch die Bevölkerung und nicht mehr an die Leistungssport-Bodybuilder-Szene gebunden, sagt Karsten Fischer, Leiter der Ermittlungsgruppe Anabolika beim Berliner LKA. „Das sind Ärzte, Rechtsanwälte oder Hobbysportler.“ Die meisten von ihnen Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren.
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