zum Hauptinhalt
Pappenheimer. Bei den Grünen gaben schon lange vor der Wahlniederlage die Plakate ihren Geist auf.

© Kai-Uwe Heinrich

Brandenburg: Schlappe Pappe

Eine Firma lieferte wellige Wahlplakate für die Grünen. Nun droht ihr das Aus

Stand:

Berlin – Es sollte der Durchbruch werden für eine kleine Berliner Start-up-Firma. Rund 100 000 Wahlplakate hatte das Unternehmen „Pappwelle“ für die Kampagne der Grünen geliefert. Einwegwerbung, auf Ökopappe gedruckt, 100 Prozent recyclefähig und trotzdem wetterfest. Die Neuentwicklung wurde sogar für den Innovationspreis der deutschen Druckindustrie nominiert. Doch statt einer florierenden Zukunft wartet auf die kleine Firma nun die Insolvenz.

Gegründet wurde Pappwelle vom ehemaligen Landesgeschäftsführer der Berliner Grünen, André Stephan. Mitten im Wahlkampf für das Abgeordnetenhaus im Juni 2011 ertappte die Polizei Stephan betrunken am Steuer seines Autos. Damit war seine Parteikarriere beendet. Stephan musste umdisponieren und gründete ein Jahr später ein Unternehmen, in das er seine langjährigen Erfahrungen als Wahlkämpfer und ehrenamtlicher Plakatkleber einbringen konnte. Nach einem Jahr Entwicklungsarbeit schien die „Outdoorpappe“ für den flächendeckenden Einsatz gerüstet.

Die Bundesgeschäftsstelle der Grünen orderte die neuartige Pappe und reichte sie auf Bestellung an die Landesverbände weiter. Doch viele Plakate waren wie berichtet nicht so wetterfest wie versprochen. Das Lächeln von Cem Özdemir und Renate Künast zeigte hässliche Beulen. Bundesweit machte die „Wellpappe von Pappwelle“ schlechte Schlagzeilen. Auch in Berlin meldeten einige Grünen-Kreisverbände irreparable Plakatschäden. Sie wandten sich mit ihrer Beschwerde an die Grünen-Bundesgeschäftsstelle. Es kam zu Verhandlungen, wie man die Probleme lösen könnte. Nach einem Bericht dieser Zeitung kündigten die Grünen schließlich die Verträge mit Wellpappe und forderten Schadensersatz. Die Grünen-Geschäftsstelle war am Donnerstag nicht zu erreichen.

Am 18. September beantragte Pappwelle ein vorläufiges Insolvenzverfahren. „Es wird wohl zur Eröffnung der Insolvenz kommen“, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter, Carsten Becker. „Es gibt aktuell keine zu bewältigenden Aufträge.“ Vier Arbeitsplätze seien von der Pleite betroffen. Zählt man die Lieferkette hinzu, könnten es rund 15 sein.

„Ich finde es schade, dass ein grünes Projekt zum Scheitern verurteilt wurde“, erklärt André Stephan dieser Zeitung. Näher möchte er sich nicht äußern. Nach den Berichten von schlappen Plakaten und dem „teuren Flop mit der Ökopappe“ hatte sein Unternehmen die Wettertauglichkeit relativiert: Trotz „teils sehr schwerer Gewitter mit Hagel und Sturm hat die Mehrzahl der korrekt angebrachten Pappwelle-Plakate diese extreme Wetterlage ohne größere Beeinträchtigungen überstanden. Dort, wo Plakate durch Unwetter beschädigt wurden, sind wir dabei, unsere Kunden umfangreich zu unterstützen.“ Von der garantierten Mindesthaltbartkeitsdauer über 50 Tage seien „drastische Wetterereignisse wie Hochwasser, Sturm oder massiver Hagel“ ausgenommen. Genau solche Wetterlagen seien aber eingetreten. Ob die Outdoorpappe trotz der drohenden Pleite eine Zukunft hat, ließ Insolvenzverwalter Becker offen. Er sichtet erst mal die Unterlagen – aus Papier. Thomas Loy

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })