Bildungspolitik: Schlechtere Noten für Privatschüler?
Brandenburgs Bildungsministerium legt Vergleichszahlen vor. Aber beim Abitur haben es Schüler freier Schulen trotzdem leichter – und bestehen öfter.
Stand:
Potsdam - Mitten im Streit um die von der SPD/Linke-Koaltion geplanten Kürzung der Zuschüsse für freie Schulen im Land Brandenburg präsentiert die Regierung eine Vergleichserhebung des Bildungsministeriums zum Abschneiden von Schülern staatlicher und freier Bildungsreinrichtungen. Die Zahlen sind eine Antwort auf eine Anfrage der SPD-Regierungsfraktion. Über die Kürzungen soll Mitte Dezember der Landtag entscheiden. Nach den Zahlen haben im Land Brandenburg, bei der PISA-Bildungsstudie unter den Schlusslichtern, selbst freie Schulen ein Qualitätsproblem. Der Erhebung des Ministeriums zufolge schneiden freie Schulen in Schlüsselfächern schlechter ab als an öffentliche Schulen; besonders in Mathemetik, aber auch in Deutsch.
Für die Erhebung hat das Ministerium erstmals die Ergebnisse der zentralen schriftlichen Prüfungen nach der zehnten Klasse und zum Abitur verglichen. Diese müssen in den Fächern Mathe, Deutsch und Englisch auch die Schüler freier Schulen schreiben, die Aufgaben sind für alle gleich. In Mathematik schneiden „Freie“ danach schon seit 2005/2006 durchweg „signifikant“ schlechter ab als „öffentliche“ Gymnasiasten. So lag die durchschnittliche Mathe-Prüfungsnote in der Jahrgangsstufe 10 an staatlichen Gymnasien 2010/2011 schon bei – mageren – 3,5, an freien Schulen aber nur bei 3,9, also einer Vier. Beim Mathe-Abi sieht es genauso aus. Auch in Fremdsprachen und Deutsch schneiden die freien Schulen nicht besser ab, obwohl hier selbst Experten angesichts des speziellen Profils vieler Einrichtungen mit einem deutlichen Leistungsvorsprung gerechnet hatten. Stattdessen heißt es: „Wenn auch nicht in dieser Deutlichkeit, so ist auch in den Fächern Deutsch und Englisch die höhere Leistungsfähigkeit des öffentlichen Schulsystems ablesbar.“ In Deutsch erreichten im Jahr 2010/2011 „freie“ Gymnasiasten konkret im Landesschnitt bei der schriftlichen Abi-Prüfung im Grundkurs 8,59, im Leistungskurs 8,38 von 15 möglichen Punkten. Mit 8,61 und 8,53 war der Schnitt an öffentlichen Gymnasien besser. In Englisch ist das Niveau vereinzelt etwas besser, oft schlechter als an staatlichen Schulen. Unterm Strich war die Abiturdurchschnittsnote im Schuljahr 2010/2011 an öffentlichen Gymnasien mit 2,31 etwas besser als an Gymnasien in freier Trägerschaft mit 2,37.
Allerdings haben Schüler freier Schulen am Ende einen Vorteil: Sie bestehen häufiger das Abitur. Ihre Gymnasien erreichen laut Vergleich „trotz der im Durchschnitt eher schwachen, in Einzelfällen deutlich schwachen Ergebnisse hohe Bestehensquoten“. Das Land erklärt dies mit „innerschulisch besseren Leistungsbewertungen“: Die Abiturienten an diesen Schulen profitierten von den besseren Vornoten. Die „Zensierungspraxis“ unterscheide sich von „zentralen Leistungserwartungen des Landes“. So werde „ein schleches Abi-Ergebnis, das beim Zentralabitur externen Bewertungsmasstäben unterliegt, korrigiert“. Das Ministerium findet das „unter qualitativen Gesichtspunkten problematisch“. An staatlichen Gymnasien bestanden 2010/2011 exakt 97,45 Prozent der Schüler das Abitur, an freien 98,97, an kirchlich-konfessionellen Gymnasien 100 Prozent. Thorsten Metzner
PODIUMSDISKUSSION
Die Potsdamer Neuesten Nachrichten laden Leser und Interessierte zum Streit um die Finanzierung der freien Schulen im Land Brandenburg am kommenden Montag zu einer Podiumsdiskussion. Es diskutieren: Brandenburgs Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski, Bildungsstaatssekretär Burkhard Jungkamp, Matthias Blume, Vorsteher Evangelisches Diakonissenhaus Teltow, Jürgen Kraetzig vom Verband der Freien Schulen sowie Ludwig Burkardt, Finanzpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion.
Zeit und Ort: Montag, 5. Dezember, 18 Uhr, Rathaussaal Kleinmachnow
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