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Brandenburg: Schloss jetzt

Der Komponist Siegfried Matthus wurde 80 – und übergibt das Rheinsberger Opernfestival an seinen Sohn

Von Frederik Hanssen

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Rheinsberg - In der DDR war er eine ganz große Nummer. Als 1985 die Dresdner Semperoper wiedereröffnet wurde, stand eine Uraufführung von Siegfried Matthus auf dem Spielplan, an der Komischen Oper Berlin inszenierten Regiestars wie Harry Kupfer und Götz Friedrich seine Werke. Sein Meisterwerk aber hat Matthus nach der Wende geschaffen: die Kammeroper Schloss Rheinsberg. Am Musenhof der Preußenprinzen veranstaltet er seit 1991 allsommerlich ein mehrwöchiges Musiktheaterspektakel, das mehr als 20 000 Besucher anzieht.

Begonnen hat alles vor fast 65 Jahren: Auf der Flucht vor den heranrückenden Russen kann sich die Bauernfamilie Matthus aus dem ostpreußischen Malleuppen bis ins Ruppiner Land durchschlagen. Im beschaulichen Rheinsberg kommt der 1934 geborene Siegfried aufs Gymnasium. Mit 16 Jahren übernimmt er die Leitung des Schulchores, erste Kompositionen entstehen, mit seiner Geige tingelt der Teenager über die Dörfer, lässt sich in Naturalien bezahlen.

1952 besteht Matthus die Aufnahmeprüfung an der Berliner Musikhochschule, wird Meisterschüler Hanns Eislers. 1962 erlebt der 28-Jährige an der Komischen Oper die Uraufführung seines ersten sinfonischen Werks: Liebeslieder für Sopran und Orchester,die er seiner frisch angetrauten Frau gewidmet hat. Am Pult steht ein ebenfalls noch recht junger Maestro: Kurt Masur. Zwei Jahre später erhält Matthus an dem Haus eine Festanstellung.

Privat dagegen zieht es ihn eher an die Peripherie. Jwd, in Stolzenhagen bei Wandlitz, entdeckt er mit Freunden verwilderte Seegrundstücke mitten im Wald. Erst gibt es nur eine Datscha, doch bald wird, im Ruckeltakt der real existierenden Materiallage, ein Einfamilienhaus daraus. Jeden Morgen – bei jeder Witterung – springt Matthus in den Stolzenhagener See, anschließend schreibt er seine Stücke. Und zwar wie am Fließband: An seinem 80. Geburtstag kann er auf ein Oeuvre von mehr als 600 Werken verweisen. Elf Opern, aber auch Solokonzerte, Stücke für großes Orchester, Kammermusik, Ballette, Lieder und und und.

Mit einem seiner eindrücklichsten Werke wird im August 1991 die Kammeroper Schloss Rheinsberg eröffnet: Vor der Kulisse des damals noch als Sanatorium genutzten Schlosses macht „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ mächtig Eindruck. Doch Matthus hat das Festival nicht nur zum eigenen Ruhm gegründet. Er will jungen Talenten die Chance geben, Erfahrungen mit dem Opernbetrieb zu machen. Und die Nachwuchskräfte nehmen das Angebot nur zu gerne an: Hunderte strömen alljährlich zu den Vorsingen, nach 23 Sommern kann Matthus stolz verkünden, dass es weltweit kaum eine renommierte Bühne gibt, an der nicht schon ehemalige Teilnehmer seiner Sängerschule aufgetreten sind.

Nach Jahren des finanziellen Ringens konnte zur Jahrtausendwende das für 23 Millionen Euro wieder aufgebaute Schlosstheaterchen von 1774 eingeweiht werden. Zusammen mit dem barocken Heckentheater ist es nun Hauptspielort der Kammeroper. In seinem Reich regiert Siegfried Matthus wie ein Sonnenkönig. Und so verwundert es kaum, dass er nun Sohn Frank zum Intendanten macht. Der Vater zieht sich zurück, um sich wieder ganz dem Komponieren zu widmen, zum 1. September rückt der Filius nach. Ein erfahrener Kulturmann auch er, Schauspieler, Leiter des Theatersommers Netzeband.

Den 80. Geburtstag hat Matthus übrigens in Braunschweig begangen. Weil das dortige Staatsorchester ein Konzert mit seinen Kompositionen gibt. In Rheinsberg wird zum Festivalstart am 28. Juni nachgefeiert, mit einer konzertanten Aufführung seiner Oper „Judith“. F. Hanssen

Infos zum Festival gibt es unter

www.kammeroper-schloss-rheinsberg.de

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