
© Manfred Thomas, Bernd Settnik/dpa
Brandenburg: Schlusslicht Brandenburg
Landeskonservator Drachenberg fordert mehr Geld vom Land für den Denkmalschutz
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Potsdam - Auf dem ehemaligen Rittergut Beerbaum im Osten Brandenburgs verschwindet das Herrenhaus. Stück für Stück wurde das denkmalgeschützte Bauwerk von 1802 trotz Einspruch der Behörden abgerissen, nur ein Ruinenrest ist übrig geblieben. Es sei nicht gelungen, den Besitzer von dem „schleichenden Abriss“ abzuhalten, sagte Landeskonservator Thomas Drachenberg am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung des aktuellen Denkmalreports: „Wir haben ein deutliches Vollzugsproblem.“ Der Ruinenrest des einstigen Wohnsitzes von Sophie Juliane Friederike Gräfin von Dönhoff (1768–1834) steht weiter unter Denkmalschutz. Wie die Geschichte ausgeht, ist offen. Der Rechtsstreit über den Abriss in Beerbaum dauert an.
2016 sei ein „schwieriges Jahr mit einigen wichtigen Erfolgen“ gewesen, sagte Drachenberg. Die 2015 eingeführte Denkmalhilfe des Landes Brandenburg wurde auf 500 000 Euro erhöht, inzwischen liegt sie bei einer Million Euro im Jahr. Einschließlich Bundesmitteln liege die „Kernförderung“ für die Sicherung und Restaurierung von Denkmälern und Kunstschätzen derzeit bei rund 3,4 Millionen Euro im Jahr. „Das Geld ist wichtig“, sagte Drachenberg. Bei der Denkmalhilfe sei Brandenburg trotzdem weiter „Schlusslicht in der Bundesrepublik“. Brandenburg verweigert sogar die Kofinanzierung eines Sonderinvestitionsprogramms des Bundes für Denkmalschutz, durch das 2016 immerhin eine Million Euro nach Brandenburg floss. Dieses Programm könnte sogar noch wirksamer sein, nämlich um ein Drittel wie in anderen Bundesländern. Aber Brandenburg steuert dafür kein Landesgeld bei.
Notwendig seien für den Denkmalschutz im Land zwei bis drei Millionen Euro Landesmittel im Jahr, betonte der Landeskonservator, dessen Behörde ihren Sitz in Wünsdorf hat: „Es kann nicht sein, dass die Denkmalpflege mit einem Eimer Wasser in der Wüste steht.“ Auch der Personalabbau müsse gestoppt werden, forderte Drachenberg: „So geht es nicht weiter.“
Und der Landeskonservator warnte erneut vor der – von der rot-roten Regierungskoalition geplanten – Kreisgebietsreform. Denn vorgesehen ist auch, den Denkmalschutz an die Landkreise abzugeben. Experten befürchten einen Flickenteppich beim Denkmalschutz im Land und wachsende Risiken, wie sich in der Vergangenheit bereits gezeigt habe: etwa durch Rücksichtnahme der örtlichen Behörden auf regional bestens vernetzte Investoren, die vor Ort mit der Politik eng verbunden sind und Einfluss haben.
Aber auch ohne Kreisreform hakt es beim Denkmalschutz. Drachenberg beklagt einen eklatanten Personalmangel. Stellen würden eingespart und nicht wieder besetzt, so der Landeskonservator. Daher „werden wir unsere Arbeit stark konzentrieren müssen“. Für Beratungen und Bestandsaufnahme etwa in der Bau- und Kunstdenkmalpflege würden die Ressourcen künftig „nur noch reduziert vorhanden sein“.
Seit 1999 habe das Landesdenkmalamt zwei Fünftel seiner Stellen einsparen müssen, weitere Sparmaßnahmen seien nicht mehr verkraftbar. „Bei weiterer Einsparung können wir unsere Aufgaben nicht mehr ausreichend wahrnehmen“, so Drachenberg. „Die derzeitige Situation läuft auf eine dauerhaft zu hohe Arbeitsbelastung hinaus. Wir benötigen dringend Stellenzuwachs mit jungen, gut ausgebildeten Leuten.“
Es gibt jedenfalls genügend zu tun. Zum Jahresende gab es 13 560 eingetragene Denkmäler in Brandenburg. 138 davon wurden neu in die Denkmalliste aufgenommen, knapp 20 wurden gelöscht.
Trotz angespannter Situation werden im von Drachenberg vorgelegten Denkmalreport auch Erfolge verzeichnet, unter anderem die Sicherung historischer Wandmalereien in der Marienkirche in Frankfurt (Oder), die Restaurierung der Zinnaer Klosterkirche und die Sanierung der Außenanlagen der evangelischen Pfarrkirche im Kloster Neuzelle. Zu den in den vormals als gefährdet eingestuften, nun aber gesicherten Denkmälern zählen auch das Brauhaus des Zisterzienserklosters in Himmelpfort und die Renaissance-Decke der Gertraudenkapelle in Bad Belzig.
Zu den weiterhin gefährdeten Denkmälern gehört die wohl älteste Scheune Brandenburgs in Garsedow in der Prignitz. Das um 1550 errichtete Fachwerkgebäude droht einzustürzen, die ersten Balken sind bereits zerbrochen. Auch das Herrenhaus in Neudöbern in der Lausitz droht einzustürzen. Das Denkmal sei „Opfer des Braunkohleabbaus“, sagte Drachenberg.
Gefährdet sind auch verschiedene Kunstschätze: Die Bad Wilsnacker Prunksärge weisen akute Schäden auf, Stuckausstattung und Wandmalereien der Stiftskirche von Neuzelle müssen konserviert werden, der kunstvolle Altaraufsatz der Bernauer Marienkirche von 1520 weist bereits Substanzschäden auf. Und in Mühlberg an der Elbe wartet ein bedeutender Reformationsaltar auf Hilfe.
An anderer Stelle setzen geschützte Tiere dem Denkmalschutz zu: Im Landschaftspark des ehemaligen Guts Hoppenrade in der Prignitz zeige sich, dass „botanische Raritäten offensichtlich auch Delikatessen für Biber sind“, heißt es im Denkmalreport. Die angenagten Bäume sterben nun ab. „Weite ehemalige Wiesen- und Gehölzflächen sind durch einen zirka einen Meter hohen Biberdamm dauerhaft geflutet“, schreiben die Denkmalschützer. Und der Parkteich, wichtiger Teil des Landschaftsparks, sei inzwischen nur noch eine Schlammpfütze.
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