
© dapd/Clemens Bilan
Brandenburg: Schnelles Geld mit Easy Abi
Durchsuchungen bei mutmaßlichen Betrügern. In der Branche galt die Firma schon länger als verdächtig
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Berlin - Mit einer Razzia ist die Polizei am Donnerstag gegen die mutmaßlichen Abi-Betrüger vorgegangen, die dutzende Schulen um ihr Geld gebracht haben sollen. Die Beamten durchsuchten fünf Wohnungen und das Büro, um Beweismaterial zu sichern. Bislang ist noch unklar, wer von den Inhabern und Geschäftsführern der Veranstaltungsagentur für Abiturfeiern nach dem Besitzerwechsel im Mai die Gelder veruntreut hat. Die Polizei stellte zahlreiche Akten, Computer sowie 360 000 Euro in bar und auf Konten sicher.
Nach Informationen dieser Zeitung war einer der Beschuldigten früher Geschäftsführer des Stammhauses der „Einstein“-Cafés in der Kurfürstenstraße. Wegen Betrugsvorwürfen soll Marcel L. aus Wilmersdorf 2005 entlassen worden sein und stand sechs Jahre im Rechtsstreit mit dem Inhaber. Von 2002 bis 2003 war der 33-Jährige aus Wilmersdorf Bundesvorsitzender der Liberalen Hochschulgruppen. Dem Landeskriminalamt ist L. wegen Betrugsfällen bekannt – ebenso Karl Heinz R. und Rainer S., die Easy Abi Anfang Mai gekauft haben.
Am 3. Mai war die Firma von Marcel L. und Geschäftsführer David H. verkauft worden. Nach Tagesspiegel-Informationen soll der ehemalige Geschäftsführer David H. der kleinere Anteilseigner von Easy Abi gewesen sein. Marcel L. habe mehr im Hintergrund agiert und die meisten Anteile besessen. Die Verkaufssumme habe laut Rainer S. bei 400 000 Euro gelegen. Bisher seien davon 360 000 Euro überwiesen worden.
Marcel H. wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. In einer Stellungnahme seiner Anwältin gegenüber den Tagesspiegel heißt es unter anderem, dass zum Zeitpunkt des Verkaufs die Gesellschaft weder zahlungsunfähig, noch überschuldet gewesen sei. Im Hinblick auf die Aussage von Rainer S., dass der Kaufvertrag nun rückgängig gemacht worden sei, hieß es, dass eine Anfechtung geprüft werde und „bis zur rechtskräftigen Feststellung, der Investor und der Geschäftsführer S. nicht von ihren vertraglichen Pflichten entbunden sind“.
Unterdessen weitet sich der Betrugsfall immer weiter aus. Mehr als 40 Anzeigen von über 30 Schulen sind bei der Polizei eingegangen. Die Schadenssumme steigt damit auf fast 300 000 Euro. Bei der Razzia am Donnerstag hatten sich Zivilbeamte postiert. Die Rollläden der Eventagentur blieben geschlossen, während die Fahnder die Räume durchsuchten.
Neben den Büroräumen in der Schlesischen Straße wurden auch vier Privatwohnungen in Köpenick, Wilmersdorf und Tempelhof sowie eine Wohnung in Ahrensburg bei Hamburg durchsucht. Die drei beschuldigten Berliner, gegen die wegen „Leistungsbetrugs“ ermittelt wird, wurden von den Ermittlern vernommen. Der Mann, dessen Wohnung in Ahrensburg durchsucht wurde, gilt bisher nicht als Verdächtiger, sondern als Zeuge.
„Abibälle sind ein lukrativer Markt für Wirtschaftskriminelle“, sagte Rechtsanwalt Karun Dutta, der derzeit 24 Schulen berät. Auch in Geschäftskreisen des Marktsegments Abiturreisen und -feiern wird darüber diskutiert, inwiefern sich in den letzten Jahren windige Geschäftsmänner eingeschlichen haben. „Früher habe ich mit David H. kooperiert“, berichtet der Münchener Unternehmer Benedikt Hermann. Sein Unternehmen „Abistars“ nannte sich ursprünglich ebenfalls „Easy Abi“. Anfang 2010 habe er sich entschieden, nicht mehr unter der gleichen Marke wie die Berliner zu arbeiten, weil es „Finanzierungslücken“ gegeben habe.
Enrico Rudolph, Geschäftsführer des Berliner Unternehmens „Abi2Urlaub“ berichtete dieser Zeitung, dass es bei „Easy Abi“ seit 2005 drei Geschäftsführerwechsel gegeben habe. „Vordergründig hat sich für die Kunden nichts geändert, jedoch an den Vertriebsmethoden“, sagte Rudolph. In der Branche werde seit 2008 gemutmaßt, dass es „Easy Abi“ nicht um ein nachhaltiges Geschäft, sondern darum gegangen sei, möglichst schnell an viel Geld zu kommen. Fest stehe, dass im Mai allen Firmen der Branche die Gelder aller Abiturienten vorlägen. „Seltsamerweise wurde in genau diesem Monat das Unternehmen Easy Abi an die neuen Inhaber verkauft.“
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