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Rot-Rot im Landtag Brandenburg: Schockstarre oder Führungschaos?
Keine Anträge im Januar-Plenum und nun kaum eine Reaktion: Wie die Koalition aus SPD und Linke im Landtag Brandenburg nach dem Kreisreform-Protest den roten Faden verliert.
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Potsdam - Die Opposition im Landtag Brandenburg rätselt bereits, was bei den rot-roten Koalitionsfraktionen los ist: Ob besonders die SPD, aber auch die Linke in Schockstarre versunken sind angesichts des herausragenden Ergebnisses der Volksinitiative gegen die Kreisreform? Diese setzte mit 130 000 Unterschriften binnen 100 Tagen in der Tat ein deutliches Zeichen – noch nie war eine Volksinitiative erfolgreicher im Land. Spekuliert wird auch, ob sich nun die Erkrankung von SPD-Fraktionschef Mike Bischof bemerkbar macht und den Sozialdemokraten im Landtag der rote Faden verloren gegangen ist. Selbst bei den Mitarbeitern der SPD-Fraktion macht sich bereits Frust breit. Denn vorgelegte Vorschläge für Anträge liegen auf Eis, werden nicht entschieden, weil es bei der Abstimmung in der Koalition hakt.
Totalausfall im Januar: Rot-Rot aber steuert nicht gegen
Das macht sich auch im Landtag bemerkbar. Schon in den Plenarsitzungen im Januar fiel auf, dass von den Koalitionsfraktionen derzeit nur eines kommt – nämlich nichts. Auf den Tagesordnungen für die Januarsitzungen stand kein einziger Antrag von SPD und Linke. Stattdessen dominierte die Opposition mit ihren Anträgen und Gesetzentwürfen die Plenardebatte. Dabei gehört es zum Einmaleins parlamentarischer Arbeit von Regierungsfraktionen, der Plenardebatte mit eigenen Anträgen einen Stempel aufzudrücken, die Medienberichte zu dominieren und die eigene Arbeit für das Wohl des Landes, die eigenen Erfolge herauszustellen. Doch davon ist bei Rot-Rot zumindest im Landtag nichts zu sehen.
Was auch immer für den Totalausfall im Januar-Plenum der Grund war: Rot-Rot hatte bereits genügend Zeit, um sich zu sammeln. Denn im Februar tagt der Landtag nicht, erst im März kommt das Plenum wieder zusammen. Doch auch dabei droht Rot-Rot nur ein lauer Auftritt. Ein Blick auf den vorläufigen Entwurf der Tagesordnung zeigt, dass es SPD und Linke bisher nicht geschafft haben, einen Antrag einzubringen. Die Frist, um Anträge einzureichen, läuft zwar am Dienstag aus. Rot-Rot hat noch über das Wochenende Zeit. Auf PNN-Anfrage wurde auch angekündigt, dass noch eine Reihe von Anträgen kommt. Zudem könnten sie mit Priorität eingereicht werden, sodass sie in der Tagesordnung nach oben rutschen.
Hat die Koalition ihr parlamentarisches Handwerk verlernt?
Das trifft zwar zu, hilft aber nicht weiter. Denn von jeder Fraktion wird je nur ein Antrag prioritär behandelt. Zudem war Rot-Rot bislang stets bemüht, die Anträge der Koalition nicht auf den letzten Drücker, sondern möglichst früh einzureichen. Die Idee dahinter ist einfach und übliches Handwerk: Je mehr und je früher Anträge eingereicht werden, desto mehr dominiert die Koalition die Plenardebatten und drängt die Opposition in die Randzeiten am Nachmittag und Abend, die traditionell weniger in den Medien wahrgenommen werden.
Dass jetzt ein Antragskonvolut kurz vor Fristablauf kommt, ist für Rot-Rot überaus ungewöhnlich. Zudem hat die Koalition trotz des Januar-Desasters, das in der Presse für Negativ-Schlageilen sorgte, nicht aktiv gegengesteuert, um Handlungsfähigkeit zu beweisen. Lediglich zwei Gesetzesentwürfe der Landesregierung liegen bislang vor: zwei in zweiter Lesung und für einen abschließenden Beschluss sowie die Änderung des Schulgesetzes. Zum Vergleich: Im Juli 2016 hatten die rot-roten Fraktionäre vier Anträge auf der Tagesordnung – zwei schon im ersten Entwurf, zwei kamen noch hinzu.
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