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Brandenburg: Scholls dominante Frau

Prozess gegen Ex-Rathauschef: Trotz Eheproblemen wollte späteres Mordopfer keine Scheidung

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Potsdam - Im kleinteiligen Indizienprozess gegen den Ex-Bürgermeister von Ludwigsfelde, Heinrich Scholl, hat das Potsdamer Landgericht tiefere Einblicke in die Beziehung des Beschuldigten und seiner ermordeten Frau erhalten. Am Donnerstag berichtete eine Vertraute der verstorbenen Brigitte Scholl von einem recht schwierigen Verhältnis der Eheleute. „Früher waren sie eine richtige Vorzeigefamilie, da war alles sehr harmonisch“, sagte die Zeugin. Der Mann habe sich damals seiner „dominanten“ Frau untergeordnet. Doch als er Bürgermeister geworden sei, habe sich die Situation verändert. Viel öfter sei es zu Problemen und kleineren Streitigkeiten gekommen.

Nach seiner Pensionierung habe der Angeklagte „auch mal seinen Freiraum“ und eine „Auszeit“ haben wollen und sich eine Wohnung in Berlin genommen, fügte die Zeugin hinzu. Dies habe sie nachvollziehen können und seiner Frau zuweilen auch den Rat gegeben, ihre Art gegenüber ihrem Mann zu ändern.

Der Ex-Bürgermeister von Ludwigsfelde ist angeklagt, seine Frau und deren Hund vor einem Jahr im Wald erdrosselt zu haben. Scholl bestreitet die Tat, äußerte sich aber bisher nicht zu den Vorwürfen. Auch deshalb versucht das Gericht, mehr über das Verhältnis der Eheleute zu erfahren.

Obwohl der Ex-Bürgermeister zwischenzeitlich ausgezogen war und eine außereheliche Beziehung zu einer thailändischen Prostituierten in Berlin hatte, habe seine Frau nie an Scheidung gedacht, sagte die Vertraute. „Es war schon schlimm für sie, aber sie hat immer gehofft, dass es nur vorübergehend ist“, fügte sie hinzu. Äußerlich habe sie sich aber nichts anmerken lassen. „Sie hat getan, als ob sie das alles wegsteckt, das war aber nicht der Fall“, sagte die Zeugin.

Einmal sei sie mit ihrer Freundin zu der Wohnung Scholls in Berlin gefahren – Brigitte habe nur einmal sehen wollen, wie es dort aussehe, sagte die Zeugin. Als der Ex-Bürgermeister etwa einen Monat vor dem Mord nach Ludwigsfelde zurückgekehrt sei, habe seine Frau einen gelassenen Eindruck gemacht. Viele Gespräche habe es in dieser Zeit aber nicht gegeben, sagte die Zeugin.

Am Morgen vor der Tat sah sie ihre Freundin zu letzten Mal. Brigitte Scholl sei vorbeigekommen und habe ihr von dem Besuch in einem neuen Kosmetiksalon erzählt, berichtete die Zeugin. „Da haben wir noch gelacht, gescherzt und über die Planung für Silvester gesprochen.“ Am nächsten Tag wurde Brigitte Scholl tot im Wald gefunden. Luise Poschmann

Luise Poschmann

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