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Von Thorsten Metzner: Schönbohm sieht keine Fehler bei sich

Bodenreform-Affäre: Innenminister lehnte vor Untersuchungsausschuss Verantwortung ab

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Potsdam - Jörg Schönbohm, nach seinem Selbstverständnis der „Preuße“ im SPD/CDU-Kabinett von Ministerpräsident Matthias Platzeck, sieht keine Versäumnisse im Enteignungs-Skandal um Bodenreformland. Brandenburgs CDU-Innenminister hat gestern vor dem Bodenreform-Untersuchungsausschuss im Landtag eine Mitverantwortung für die Landnahme von zehntausend Grundstücken durch das Land in den Jahren 1999/2000 bestritten, die der Bundesgerichtshof in einem spektakulären Urteil als „sittenwidrig“ und eines „Rechtsstaates unwürdig“ gerügt hatte.

Schönbohm verteidigte sein Ressort, das auf Fachebene daran mitgewirkt hatte. „Die politischen Entscheidungen sind lange vorher gefallen“, sagte er. Der Auftritt des 71-Jährigen war mit Spannung erwartet worden: Als einziges Mitglied der damaligen Stolpe-Regierung, unter der damals die Überführung der zehntausend früheren Bodenreform-Grundstücke (Wert rund 50 Millionen Euro) in Landeseigentum veranlasst wurde, ist Schönbohm heute noch im Amt.

Anders als Ex-Finanzministerin Wilma Simon (SPD), die ihren Auftritt im Ausschuss zu massiver Schelte gegen den Bundesgerichtshof genutzt hatte, ließ Schönbohm zumindest nachdenkliche Töne anklingen. „Das Urteil hat mich persönlich beschämt. Es geht immerhin um die Frage, wie man mit Eigentum umgeht“, sagte Schönbohm. Allerdings sei er persönlich „zu keinem Zeitpunkt“ mit der Problematik befasst gewesen. Dennoch meine er auch im Nachhinein nicht, dass Mitarbeiter des Innenministeriums „etwas falsch“ gemacht haben. Er sehe keinen Grund, im Ressort Konsequenzen zu ziehen. Die Zuständigkeit habe ohnehin beim Finanzressort gelegen.

Anders als die SPD, die keine Fragen an Schönbohm hatte, gab sich die Links-Opposition damit nicht zufrieden. Auf hartnäckiges Nachfragen konnte Schönbohm nicht bestreiten, dass das Kommunalressort im Auftrag des Finanzministeriums die Landkreise drängte, sich selbst als gesetzliche Vertreter unbekannter Erben einzusetzen, um dann mit diesem Mandat die Immobilien an das Land zu überschreiben. Und zwar rechtzeitig vor dem Ablauf der Verjährungsfrist am 2. Oktober 2000. Zum Hintergrund: Danach verfielen alle regulären Landesansprüche auf Bodenreform-Immobilien, gehörten diese automatisch den Neubauern-Erben.

Das Finanzministerium hatte nach Bekanntwerden der Affäre zunächst behauptet, dass das Land bei der Suche nach rechtmäßigen Erben „umgepflügt“ worden sei. Eine Aussage, die für den Untersuchungsausschuss nach den bisherigen Zeugenvernehmungen und Aktenstudien nicht zu halten ist. Dort ist mehrfach von „mangelhaften Recherchen“ bei der Erbensuche die Rede. So hatte das Finanzministerium im Frühsommer 2000 beim Innenministerium Druck gemacht, damit die Landkreise – sie wurden von allen Risiken freigestellt – die Inbesitznahme zügig exekutierten, ohne sich allzu lange mit der Erbensuche aufzuhalten. Zitat: „Ich wäre Ihnen daher sehr verbunden, wenn Sie bei den Landkreisen und kreisfreien Städten darauf hinwirken könnten, dass der Prüfungsumfang auf ein Minimum beschränkt wird.“ Trotzdem blieb das Unbehagen in den Landkreisen gegen die Landnahme groß. Teltow-Fläming machte nicht mit. Elbe-Elster intervenierte vergeblich beim Innenministerium, das auf den Druck des Finanzministeriums verwies. Es habe keinen Zweifel daran gelassen, dass wegen der bevorstehenden Verjährung eine Grundsatzdiskussion nicht mehr geführt werden könne, heißt es in einem Schreiben des Schönbohm-Ressorts, mit dem der Minister von Links-Vertretern im Ausschuss konfrontiert wurde: Es sei „im Wesentlichen ausreichend“, Anträge auf Übereignung lediglich „auf grobe Unrichtigkeiten“ zu prüfen. Schönbohm sagte dazu, die politischen Entscheidungen seien lange vorher gefallen.

Unterdessen schreitet die Rückgabe der Grundstücke an die geprellten Erben voran. Das Finanzministerium geht nach eigenen Angaben inzwischen davon aus, dass man in 440 Fällen mit einer Rückübertragung der Immobilien rechnet. In 226 Fällen sei dies zugesagt, in 92 Fällen bereits vollzogen.

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