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Von Alexander Fröhlich: Schrecken ohne Ende
Die Personalie Speer ist trotz des Machtworts von SPD–Regierungschef Platzeck nicht erledigt
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Potsdam - Die SPD in Brandenburg hat ihr Gleichgewicht verloren. Seit seinem Rücktritt Ende September beherrscht Ex-Innenminister Rainer Speer (SPD) mit seiner Affäre um 13 Jahre lang nicht gezahlten Unterhalt für eine uneheliche Tochter die Schlagzeilen. Die Linke als Koalitionspartner registriert durch den Focus auf die Personalie Speer bereits eine „Blockade, was die inhaltliche Vermittlung“ der rot-roten Politik im Land betrifft. Doch der einsame, im Urlaub auf den Kanaren von Ministerpräsident und SPD-Landeschef Matthias Platzeck getroffene Entschluss, Speer, seinen engsten Vertrauten und politischen Weggefährten zum Rückzug aus dem Landtag aufzufordern, beruhigte die Lage nicht.
Was sich am Dienstag und seit Monaten abspielt, wirkte auch durch irritierende Äußerungen von SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher über ein Grundvertrauen zu Speer, die später korrigiert wurden, fast wie ein Schrecken ohne Ende statt wie ein Ende mit Schrecken. Für die Opposition waren die „rot-roten Chaostage“ (ein Abgeordneter) eine Steilvorlage, von Zeichen für Platzecks Machtverlust war die Rede. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel bescheinigte der SPD einen „derangierten Zustand“.
Speer folgte der Bitte seine SPD-Landeschefs bislang nicht, soll dem Vernehmen nach nicht damit gerechnet haben. „Er wird sich zur gegebenen Zeit äußern“, sagte ein Mitarbeiter. Demonstrativ fehlte Speer unentschuldigt in der Fraktion am Vormittag. „Platzeck hat fünf Zentimeter vor dem Abgrund gestoppt, es war sehr spät, aber er hat Handlungsfähigkeit bewiesen“, sagte ein SPD-Abgeordneter. Speer dagegen „befindet sich im freien Fall, ist noch nicht aufgeschlagen“.
Und die Personalie Speer ist damit noch lange nicht vom Tisch, das sieht selbst Linke-Fraktionschefin Kerstin Kaiser so. Im Hauptausschuss geht es am heutigen Mittwoch erneut darum, ob Speer die zweifelhafte Verbeamtung der Kindsmutter und Ex-Geliebten protegiert hat. SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher – der dem Ausschuss vorsitzt – erwartet Matthias Platzeck und einen mit der Verbeamtung der Ex-Geliebten befassten Abteilungsleiter der Staatskanzlei. Der Opposition reicht das nicht aus. Sie will auch Berlins Justizsenatorin und frühere Brandenburger Rechnungshof-Präsidentin Gisela von der Aue (SPD) hören, die als Vorsitzende des Personalausschusses mit der Verbeamtung befasst war. Die soll wegen interner Bedenken erst im zweiten Anlauf erfolgt sein. Speer selbst hatte vergangene Woche eingeräumt, dass er sich bei der Verbeamtung der Unterstellten für befangen hätte erklären müssen. Dass war aber nach der letzten Sitzung des Hauptausschusses vor zwei Wochen. Da hatte Platzeck noch trotz des Verdachts der Aktenfledderei die Verbeamtung der Regierungsbediensteten als „ordnungsgemäß“ verteidigt. Nach Platzecks Rücktritts-Forderung an Speer erwartet die Opposition, die bereits mit dem Untersuchungsausschuss droht, nun klare Worte. „Die Zeit des Schweigens ist endgültig vorbei“, so FDP-Fraktionschef Andreas Büttner.
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