zum Hauptinhalt
Zu wenig. Obwohl eine Kommission für Brandenburg mehr als 9 400 Polizeistellen für nötig hält, soll die Zahl im Land nur auf 8 200 aufgestockt werden. Dafür wurden die Einsatzkommandos besser ausgestattet.

© Bernd Settnik / dpa

Polizei in Brandenburg: Schröter: "Hundertprozentige Sicherheit kann ich nicht garantieren“

Nach dem Amoklauf in München: Wie geht Brandenburg mit Gefahrenlagen um? Sind die hiesigen Sicherheitsbehörden ihnen gewachsen? Und was plant Innenminister Karl-Heinz Schröter jetzt?

Stand:

Als am Freitagabend noch unklar war, ob es sich in München um einen Terroranschlag handelte, waren auch Teile der Brandenburger Polizei in Alarmbereitschaft versetzt worden. Von „lageangepassten Maßnahmen“ war die Rede. Die Beamten des Spezialeinsatzkommandos wurden in die Dienststelle beordert, Beamte der Bereitschaftspolizei mussten nach Dienstschluss länger bleiben und der Staatsschutz des Landeskriminalamtes wurde aktiviert. Nun steht die Frage im Raum: Hätten die Brandenburger Sicherheitskräfte eine Lage wie in München nach dem Amoklauf eines 18-Jährigen im Griff gehabt? Und welche Erkenntnisse zieht Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) aus den Vorfällen?

Andreas Schuster, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), befand, die Polizei in Brandenburg sei zwar gut vorbereitet, nur gebe es zu wenige Beamte. Einen solchen Einsatz wie in München könne die hiesige Polizei nicht bewältigen. Überdies kämen auf die Beamten ganz neue Herausforderungen zu, selbst bei Fällen von Ruhestörung müssten sie damit rechnen, auf psychisch Kranke oder islamistische Extremisten zu stoßen. Schuster warf Schröter vor, sich in der SPD und in der Regierungskoalition mit der Forderung nach mehr Personal für die Polizei nicht durchsetzen zu können. Tatsächlich hatte sich das rot-rote Kabinett in der vergangenen Wochen mit dem Entwurf für den Doppelhaushalt 2017/18 auf künftig 8200 Stellen statt bislang 8114 festgelegt. Dabei war bei der Evaluierung der Polizeireform, die einen Stellenabbau vorsah, ein Bedarf von bis zu 8300 Stellen festgestellt worden. Bis ins Frühjahr 2016 prüfte dann eine Umsetzungskommission des Polizeipräsidiums die Ergebnisse. Ihre Feststellung: Es wären sogar 9456 Stellen nötig, damit die Polizei handlungsfähig bleibt, ohne dauerhaft auf Verschleiß zu fahren.

Es ist keine Frage des Geldes

Dass Schröter selbst auch gern mehr Polizisten hätte, ist kein Geheimnis. Nur kann er das nach dem jüngsten Kabinettsbeschluss nicht deutlich sagen. Brandenburgs Sicherheitsbehörden seien natürlich bemüht, das Land so sicher wie möglich zu halten, sagte Schröter am Samstag im RBB. „Aber hundertprozentige Sicherheit kann ich nicht garantieren“, sagte der Innenminister. Natürlich werde Brandenburg die Polizeikräfte aufstocken. „Das ist aber keine Frage des Geldes und der Planstelle, sondern eine Frage, wie schnell man neue Beamte gewinnen und ausbilden kann. Das alles braucht Zeit“, sagte Schröter. Tatsächlich wird es noch einige Jahre dauern, bis genügend neue Beamte an der Polizeifachhochschule ihre Ausbildung abgeschlossen haben und die Polizei verstärken können. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagte Schröter.

Auch für die Aufrüstung der Spezialeinheiten – als Reaktion auf die Terror-Gefahr – braucht es Zeit. Das Spezial- und das Mobilen Einsatzkommando (SEK und MEK) wurden zwar mit besseren Waffen und besserer Schutzausrüstung ausgestattet. Doch der Ausbau von jeweils vier auf fünf Teams bei SEK und MEK zieht sich, die neu ausgeschriebenen Stellen sind noch nicht besetzt. Zudem verweist das Innenministerium darauf, dass wegen der Terrorgefahr auch der Streifendienst und die Bereitschaftspolizei für den Ernstfall besser ausgestattet wird – mit den Maschinenpistolen MP7, Schutzwesten und Helmen.

Dass die Herausforderungen für die Polizei wachsen, weiß auch Schröter: „Wir wissen, dass es fanatische Einzelkämpfer gibt, die sich sehr schnell radikalisiert haben“, sagte Schröter. „Aber wir wissen auch, dass Menschen, die psychisch krank sind, dann solche schrecklichen Verbrechen wie in München begehen können.“

Schröter setzt zudem auf mehr Aufklärung

Nur ist Brandenburgs Polizei ausreichend darauf vorbereitet? Nach den Amokläufen von Schülern in Erfurt (2002) und Winnenden (2009) hat die Polizei bundesweit reagiert. Seit 2007 gibt es in Brandenburg das „Handlungskonzept Amok“. Eine Sprecherin des Innenministeriums sagte am Sonntag, die Polizei sei auf derartige Lagen vorbereitet. „Die Beamten des Streifendienstes und der Bereitschaftspolizei sind – als Erstinterventionskräfte vor dem Eintreffen von Spezialeinheiten – entsprechend trainiert“, sagte die Sprecherin. „Sie haben es geübt, konsequent und gezielt einzuschreiten mit dem Ziel, den Täter unverzüglich und unter Inkaufnahme hoher Eigengefährdung zu lokalisieren, zu binden und zu bekämpfen“. Dies werde regelmäßig trainiert, auch bei Großübungen „unter realen Bedingungen“ wie zuletzt 2014 in Lehnin.

Schröter setzt zudem auf mehr Aufklärung. „Wir werden mit unserem Verfassungsschutz verstärkt auch in die Prävention gehen, um Menschen zu erklären, woran man erkennen kann, wenn jemand eine Tat vorbereitet“, sagte der Innenminister. „Wir müssen mehr hinschauen, mehr auf unsere Nachbarn achten. Es gibt Hinweise, wenn sich Menschen verändern, wenn sie sich radikalisieren. Selbst ein sehr zurückgezogener Mensch, der möglicherweise einen Amoklauf plant, kann erkannt werden, wenn man die Signale zu lesen versteht.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })