Brandenburg: Schüler-Bafög erweist sich als Ladenhüter
Brandenburgs rot-rote Landesregierung plant in Zukunft beim Schüler-Bafög mit einem geringerem Etat - weil der Zuschuss nicht so gefragt ist.
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Potsdam - Die rot-rote Landesregierung Brandenburgs hat sich bei ihrem Prestige-Projekt, dem sogenannten Schüler-Bafög, verkalkuliert: Weil der Zuschuss weit weniger gefragt ist als angenommen, sollen künftig weniger Mittel vorgehalten werden. „Im kommenden Jahr werden für das Schüler-Bafög rund eine Million Euro weniger eingeplant“, teilte Antje Grabley, Sprecherin im Bildungsministerium, am Montag auf PNN-Nachfrage mit. Grund für die Kürzungen seien zum einen die Vorgaben von Finanzminister Helmuth Markov (Linke) für den Haushalt 2012, zum anderen sei der Ansatz für das Schüler-Bafög „unrealistisch“ gewesen.
Tatsächlich ist das Angebot ein Ladenhüter. Nicht einmal für zwei Drittel der Berechtigten wurde der Zuschuss bislang beantragt. Angaben des Landesforschungsministeriums zufolge, das die Anträge bearbeitet, bezogen Ende Juni 1258 brandenburgische Schüler den Zuschuss. Anspruch darauf hätten etwa 2000 Schüler. Noch im Juni hatte Bildungsministerin Martina Münch (SPD) das Angebot als „Erfolgsgeschichte“ bezeichnet, gleichzeitig aber Zehnklässler aufgefordert, die Unterstützung auch zu nutzen.
Insgesamt hat die Landesregierung im aktuellen Etat 3,3 Millionen Euro für das Schüler-Bafög eingeplant. Eingeführt worden war das Angebot im August 2010. Darauf hatten sich SPD und Linke bereits in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt. Das Schüler-Bafög war zudem 2009 ein zentrales Wahlkampfversprechen von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD).
Ziel der Förderung ist es, Schülern aus Hartz-IV-Haushalten und einkommensschwachen Familien das Abitur oder die Fachhochschulreife zu ermöglichen. Demnach bekommen Schüler aus Hartz-IV-Haushalten monatlich 100 Euro und schulpflichtige Kinder von Geringverdienern 50 Euro für zusätzliche Lernhilfsmittel. Allerdings stand der Zuschuss lange auf der Kippe. Bei Hartz-IV-Haushalten drohte die Förderung auf den Regelsatz angerechnet zu werden. Dies aber konnte Rot-Rot in Verhandlungen mit dem Bund gerade noch abwenden. Allerdings darf das Geld nur für Ausgaben genutzt werden, die das Bildungspaket des Bundes nicht abdeckt.
Bei Hartz-IV-Beziehern scheint das Schüler-Bafög kaum gefragt zu sein. Gerade einmal 438 der bislang 1258 gestellten Anträge stammen aus dieser Zielgruppe. Warum die Nachfrage so gering ist, könne sie sich nicht erklären, meinte Ministeriumssprecherin Grabley gestern.
Bei der Opposition im brandenburgischen Landtag fühlt man sich bestätigt. Bereits im vergangenen Jahr war das Schüler-Bafög als „Symbolpolitik“, „Placebo“ und „verfehltes Instrument“ von der CDU, den Grünen und der FDP verspottet worden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Ingo Senftleben, wertete die nun beabsichtigte Kürzung der Mittel als „Eingeständnis, dass das Projekt schiefgelaufen“ sei. „Wir haben schon immer gefordert, das Geld lieber in die Unterrichtsabsicherung zu investieren. Da hätten alle Schüler etwas von“, meint Senftleben.
Die Haushaltsexpertin der FDP-Fraktion, Marion Vogdt, wundert die schleppende Nachfrage ebenfalls nicht. „Fast alle Experten haben das prognostiziert. Welcher Schüler entscheidet sich schon wegen 100 Euro für das Abitur?“, sagte Vogdt gestern. Matthias Matern
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