Totentanz unterm Fernsehturm: Schwacher Start für die „Körperwelten“ in Berlin
Berlin - Die Polizei war da, das Fernsehen, ein Tross von Fotografen. Nur der Andrang blieb aus.
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Berlin - Die Polizei war da, das Fernsehen, ein Tross von Fotografen. Nur der Andrang blieb aus. Der erste Besuchertag im „Körperwelten“-Museum am Fernsehturm verlief unspektakulär. Rund 100 Besucher kamen bis zum Mittag. Das überschaubare Interesse wurde von Rurik von Hagens, dem Sohn des Gründers, mit einem Achselzucken kommentiert. „Einen Ansturm haben wir gar nicht erwartet.“ Erst am kommenden Wochenende könnte sich das ändern.
Ein junges Paar aus Lichtenberg hatte sich zehn Minuten vor Eröffnung eingefunden. Sie erwartete von der Ausstellung etwas Grusel, er interessante Einsichten in seinen Körper. Genau diese Mischung macht wohl den Erfolg der „Körperwelten“ aus. Nach eigenen Angaben haben bislang rund 40 Millionen Menschen die seit 20 Jahren um die Welt tourenden Ausstellungen gesehen.
Der Bezirk Mitte kämpft derweil weiter juristisch gegen das Museum, trotz mehrfacher Niederlagen am Verwaltungsgericht. Gegen den Beschluss vom 13. August habe man Beschwerde eingelegt, teilte Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) mit. Der Bezirk sei weiter der Meinung, dass plastinierte Leichen im Sinne des Berliner Bestattungsgesetzes seien und ihre Ausstellung deshalb einer Genehmigung bedürfe. Jetzt muss sich das Oberverwaltungsgericht mit dem Streit um die menschlichen Exponate befassen.
Bis zu einer Entscheidung läuft die Ausstellung regulär weiter. Für die Macher geht es dabei um viel Geld. 1,3 Millionen Euro an Krediten habe man für den Umbau der ehemaligen Fernsehstudios zum Ausstellungsraum ausgegeben, sagte Kuratorin Angelina Whalley. Damit sich das Museum rechnet, müssten durchschnittlich 600 Besucher am Tag kommen. Die „Körperwelten“-Ausstellungen, die durch die Städte der Welt touren, hätten bislang ausreichend Gewinn eingebracht, um die Plastinationswerkstatt in Guben und das Institut in Heidelberg zu finanzieren. Rund 15 000 Körperspender sind dort registriert, deutlich mehr Frauen als Männer. Rund 1500 Spender sind bisher verstorben und plastiniert.
In Berlin sind 20 Ganz- und rund 200 Teilkörperplastinate, also einzelne Organe oder Extremitäten, zu sehen. Die Ausstellungsfläche, rund 1200 Quadratmeter, ist überschaubar. Nach einer Stunde hat man das Wesentliche gesehen.
Der Kirchenkreis Mitte der evangelische Kirche wollte das Museum in seinen Aschermittwochsgottesdienst einbeziehen. In einer Trauerprozession wollten die Teilnehmer am Abend vor dem Museum beten und „das Aschekreuz spenden“. Es gehe bei der Veranstaltung darum, der Toten zu gedenken, die dort ausgestellt seien, sagte eine Sprecherin. Diese Form der Präsentation hält die Kirche für eine Verletzung der Menschenwürde.
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