Brandenburg: Schweizer Käse
Steuer-Daten-Deal: Zahl der Selbstanzeigen stieg sprunghaft. Millionensegen für Landeskassen erwartet. Tipps für Selbstanzeiger
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Potsdam/Berlin - Im Land Brandenburg haben sich bisher erst zwei reuige Steuerhinterzieher gemeldet, die ihr Schwarzgeld in der Schweiz versteckt hatten. Das sagte die Sprecherin des brandenburgischen Finanzministeriums, Ingrid Mattern, am Montag den PNN. Woher die Steuerhinterzieher stammen und wie hoch die Beträge sind, deren Hinterziehung sie gestanden haben, sagte die Sprecherin unter Verweis auf Datenschutzbestimmungen nicht. Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke) hatte am Sonntag Steuersünder zu Selbstanzeigen geraten: „Das ist ein zwar spätes, aber nicht zu spätes Bekenntnis zur eigenen sozialen Verantwortung.“ Deutlich mehr Fälle als in der Mark gibt es bisher in Berlin: Dort stieg die Zahl der Selbstanzeiger, die einer drohenden Strafverfolgung zuvorkommen wollen, sprunghaft an – knapp 40 Fälle waren der Senatsverwaltung für Finanzen bis Montag bekannt.
Die Betroffenen reagieren auf den Ankauf einer Daten-CD mit Informationen über Bankverbindungen deutscher Bürger in der Schweiz und in Luxemburg durch den Bund. Sie beugen so drohenden Verurteilungen von bis zu zehn Jahren Haft vor. „Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, wir können die Leute nur auffordern, sich selbst zu melden“, sagte die Sprecherin der Berliner Senatsverwaltung für Finanzen, Kathrin Bierwirth. Wie viele Millionen infolge der Selbstanzeigen in den Landeshaushalt fließen, sagte sie mit Hinweis auf das „Steuergeheimnis“ nicht. Deshalb wollte sie auch Berichte nicht kommentieren, nach denen ein einzelner Berliner dem Fiskus Steuern in Höhe von 4,5 Millionen Euro zurückgezahlt habe. Der umstrittene Ankauf der brisanten CD von einem Datenhändler kostet Bund und Länder dagegen insgesamt nur 2,5 Millionen Euro.
Und was passiert nach einer Selbstanzeige? „Die Steuern der letzten zehn Jahre müssen nachgezahlt werden“, sagte Anwalt Frank Rodloff von der Kanzlei Rolema. Außerdem verlange das Finanzamt Zinsen in Höhe von sechs Prozent pro Jahr. „Häufig ist dann die Hälfte des Vermögens weg“, sagte Rodloff. Er berät selbst Mandanten, die sich angezeigt haben, und rät dringend zur Angabe nicht versteuerten Kapitals im Ausland. Auf mittlere Sicht werde das Bankgeheimnis der Steueroasen durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Und der Ankauf von Daten durch den Bund sei noch das geringste Übel: „Wenn die Informationen in die Hände von Kriminellen geraten, sind Erpressungsversuche nicht auszuschließen“, sagte Rodloff.
Die Selbstanzeige sollte möglichst rasch erfolgen, denn straffrei bleibt nur, wer noch keine Kenntnis von einem Ermittlungsverfahren gegen sich hat. „Die Tat darf noch nicht entdeckt sein“, sagte auch Wolfgang Wawro, Präsident des Steuerberaterverbandes Berlin-Brandenburg. Zurzeit werden die Details des CD-Deals noch ausgehandelt. Doch rund 100 Stichproben sollen von den Behörden bereits gezogen worden sein. Experten schließen nicht aus, dass bereits auf dieser Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden.
Auch beim Beratungsunternehmen Price Waterhouse Coopers, das in Berlin eine Spezialabteilung für Steuerstrafrecht unterhält, stieg die Zahl der Mandanten in der vergangenen Woche sprunghaft an. „Wir hatten über 20 Neuzugänge“, sagte ein Sprecher am Montag auf Anfrage, „das ist viel.“
Die Vize-Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Berlin, Anke Müller-Jacobsen, begrüßte die wachsende Bereitschaft zu Selbstanzeigen. Sie riet aber auch dazu, vor einem solchen Schritt anwaltliche Beratung einzuholen. In der Regel sei vier Wochen nach Eingang des korrigierten Steuerbescheids die Nachzahlung der Steuer fällig. ball/pet/hej
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