Brandenburg: Schwerer Weg nach Sachsenhausen Gedenkstätte stößt in Oberhavel auf Granit
Oranienburg - Es ist eine der bedeutendsten Gedenkstätten für das KZ-Mordsystem der Nazis in der Bundesrepublik. Allein für dieses Jahr werden 700 000 Besucher aus aller Welt in der Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg erwartet.
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Oranienburg - Es ist eine der bedeutendsten Gedenkstätten für das KZ-Mordsystem der Nazis in der Bundesrepublik. Allein für dieses Jahr werden 700 000 Besucher aus aller Welt in der Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg erwartet. Nur die Gedenkstätte Dachau hat noch mehr Besucher. Doch wer aus Berlin per Regionalexpress oder S-Bahn in Oranienburg ankommt, hat ein Problem. Vom Bahnhof fährt ein Bus wochentags nur alle Stunde, am Wochenende, wenn die meisten Besucher kommen, alle zwei Stunden. Zu Fuß braucht man bis zu einer halben Stunde. Seit Jahren kämpft die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten deshalb für eine bessere Busanbindung. Bislang vergeblich. Zuständig ist die Oberhavel Verkehrsgesellschaft (OVG), Eigentümer ist der Landkreis Oberhavel, also der Staat.
Die Gedenkstätte, das Sachsenhausen Komitee sowie der Förderverein, unterstützt von Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke (SPD), starteten daher eine Onlinepetition. 14127 Unterschriften kamen zusammen. Stiftungsdirektor Günter Morsch wollte sie am Montag gemeinsam mit Dik de Boef, Generalsekretär des Internationalen Sachsenhausen Komitees, der als Vertreter der früheren KZ-Häftlinge eigens aus Amsterdam anreiste, der OVG überreichen. Doch Geschäftsführer Klaus-Peter Fischer weigerte sich, die Unterschriftenliste anzunehmen. Fischer ließ trotz vorheriger Anmeldung und Terminabsprache Morsch und Boef bei seiner Vorzimmerdame auflaufen, öffnete nur kurz die Tür und sagte: „Ich freue mich nicht über ihren Besuch.“
Die Grünen im Landtag sprachen am Dienstag von einem Affront. Die regierenden Linken warfen dem OVG-Chef einen respektlosen Umgang vor, der inakzeptabel sei. Landrat Ludger Weskamp (SPD) schritt am Dienstag ein, erklärte seinem Mitarbeiter, dass er derlei nicht billige. In einer Erklärung bedauerte der Landrat den Vorgang. Auf Druck Weskamps musste der OVG-Chef gleich einen Gesprächstermin mit Morsch vereinbaren.
Der eigentliche Skandal ist ein anderer, findet Morsch. 26 Jahre nach der Wiedervereinigung ist die Gedenkstätte schlecht angebunden, wie auch die andere KZ-Gedenkstätte in Oberhavel, Ravensbrück in Fürstenberg. Keine andere Einrichtung außer Potsdams Preußen-Schlösser dürfte in Brandenburg mehr Besucher haben als die Gedenkstätte Sachsenhausen. „Seit zehn Jahren bitten wir um eine Lösung, es passiert nichts“, sagte Morsch. Als erster Schritt sei eine Verdichtung auf einen Halbstundentakt am Vormittag und am Nachmittag nötig. Stattdessen herrsche „unglaubliches Desinteresse“ beim Landkreis. Der beharrt darauf, dass es für die Linie – wie im Oktober vom Kreistag beschlossenen Nahverkehrsplan festgelegt – keinen Mehrbedarf gebe. Ausgelastet seien die Busse von Gedenkstättenbesuchern nur zu Spitzenzeiten. Bürgermeister Laesicke sagte, schon in den 1990er-Jahren habe man dafür kämpfen müssen, dass die Gedenkstätte per Bus angebunden wird. „Wir sollten uns den Hunderttausenden Besuchern, die sich mit dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte auseinandersetzen wollen, gastfreundlich präsentieren“, so Laesicke.
Das KZ Sachsenhausen ist 1936 von den Nazis als Musterlager errichtet worden, Zehntausende sind dort ermordet worden. Nebenan stand die Inspektion der Konzentrationslager. Dort wurden Vernichtung und Zwangsarbeit etwa in den Lagern Auschwitz-Birkenau und Majdanek gesteuert, wie auch die perverse Verwertung von Haaren und Zahngold der Opfer. Alexander Fröhlich
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