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Brandenburg: Schwierige Suche nach Landärzten
Mit welchen Mitteln Kommunen im Land Brandenburg um dringend benötigten medizinischen Nachwuchs kämpfen
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Berlin/Potsdam - „Eigentlich haben wir hier alles“, sagt Monika Nagel, Wirtschaftsförderin von Jüterbog im Landkreis Teltow-Fläming. „Theater, Museum, Schulen, Kita“, zählt sie auf. „Und bis Berlin braucht man nur eine Dreiviertelstunde.“ Dennoch hat Nagel Sorge, dass die weichen Standortfaktoren der Stadt mit ihrer bekannten Klosteranlage nicht ausreichen, um vor allem einen Berufsstand in den Ort zu locken: Ärzte. Die werden auf dem Land immer rarer, vor allem mangelt es an Hausärzten.
Laut einer Prognose der Kassenärztlichen Bundesvereinigung werden 2020 deutschlandweit 7000 Allgemeinmediziner fehlen - vor allem in den ländlichen Regionen Ostdeutschlands. „Für einen 100-prozentigen Versorgungsgrad fehlen uns schon jetzt 165 Hausärzte“, verdeutlicht Ralf Herre, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB), die Misere in der Mark.
Auch für Jüterbog zeichnet Wirtschaftsförderin Nagel alles andere als ein hoffnungsvolles Szenario: „Mehr als die Hälfte unserer praktizierenden Hausärzte sind älter als 65 Jahre“, sagt sie. Nachfolger für die Praxen zu finden sei schwer.
Dabei sind Bürgermeister, Gemeinderäte oder Wirtschaftsförderer in den Städten und Gemeinden durchaus spendabel, um Landärzte zu locken. Als im mittelmärkischen Görzke vor einigen Jahren der damalige Dorfarzt seine Praxis aufgeben musste, schnürte die Gemeinde ein großzügiges Paket für einen Nachfolger: kostenfreie Praxisübernahme, eine Kartei mit 900 Patienten, Fachpersonal, fünf Jahre Mietfreiheit für kommunale Räume. Gewirkt hat die Finanzspritze von etwa 150 000 Euro nicht. „Inzwischen kommt wöchentlich ein Arzt vom Medizinischen Versorgungszentrum aus der Kreisstadt Belzig zu uns“, sagt Görzkes Bürgermeisters Jürgen Bartlog resigniert.
Immobilien, Patientenkarteien, Investitionszulagen der KVBB sind ein gängiges Rezept, um Ärzte nach Guben, Lauchhammer oder Pritzwalk zu lotsen. Manch einer lässt sich davon animieren, zum Beispiel Amin Ballouz, der zwei Praxen in der medizinisch unterversorgten Uckermark eröffnet hat. „Eigentlich wollte ich nach Berlin“, sagt der libanesische Arzt. Mit einem Zuschuss und viel Zureden überzeugte ihn die KVBB, in die brandenburgische Prärie zu gehen. Nach einem Jahr bilanziert der 52-Jährige: „Ich habe meine Entscheidung nicht bereut.“ Nicht jede Kommune kann sich finanzielle Anreize für neue Ärzte leisten und sucht daher nach anderen Möglichkeiten, um ihren Standort attraktiv zu machen. In Elsterwerda offeriert der Bürgermeister beispielsweise kostenlose Parkplatzflächen in der Innenstadt. Andere Kommunen können nicht mal das - sie müssen nachweisen, dass sie Schulden abbauen. Hilfe soll ein neues Gesetz bringen, das am Mittwoch von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vorgestellt wurde.
Demnach sollen Landärzte mit vielen Patienten künftig keine finanziellen Nachteile mehr hinnehmen müssen. Brandenburgs Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke) erkennt in dem neuen Versorgungsstrukturgesetz jedoch nicht den großen Wurf. Zwar würden die Länder und die Regionen nun die Möglichkeit zur kleinräumigen Bedarfsplanung erhalten. „Damit allein ist aber noch kein Landarzt gewonnen“, fügt sie hinzu. Unterm Strich werde die Versorgung teurer, ohne dass sie in den ländlichen Gebieten besser würde. „Die Zeche zahlen die Versicherten: mit Zusatz- und höheren Beiträgen“, vermutet Tack.
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