Brandenburg: Scientology hat Brandenburg fest im Blick
Sektenbeauftragter rechnet mit weiteren Niederlassungen – so genannten Missionen
Stand:
Berlin/Potsdam - Der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche, Thomas Gandow, rechnet fest damit, dass sich die Scientology-Bewegung über kurz oder lang nach Brandenburg ausbreitet. Somit wäre die kürzlich eröffnete Zentrale in Berlin-Charlottenburg erst der Anfang. Um sie herum würden voraussichtlich einmal zehn weitere Niederlassungen, so genannte Missionen, gegründet, sagte Gandow. Scientology sei eine „totalitäre Organisation“, die eine Gefahr für die Religionsfreiheit darstelle. Schon jetzt hätten sich außerdem „neu-germanische“ und Psychogruppen in der Mark eingerichtet.
Der 60-jährige Pfarrer hatte das Amt des Sektenbeauftragten 1978 übernommen. „Es ist ein alter Trugschluss zu glauben, die Brandenburger wären ein besonders nüchterner Menschenschlag, und hier würde es keine Sekten und religiösen Extremgruppen geben. Brandenburg ist voll davon“, meinte Gandow. Zu den Anhängern des „neu-germanischen Heidentums“ bemerkte er: „Meiner Meinung nach handelt es sich fast immer um Personen, die mit Rechtsextremismus Kontakt hatten. Oft geht beides durcheinander.“ Im Fläming habe die Germanische Glaubensgemeinschaft einmal beantragt, einen Findling – den „Blauen Stein“ – als Opfer- und Kultstätte zugewiesen zu bekommen. Dabei sei sie bei Tourismus- Verantwortlichen im Landkreis mit ihrer Idee teilweise auf Sympathie gestoßen. Eine „richtig etablierte“ Psychogruppe bestehe mit dem „Zentrum für Experimentelle Gesellschaftsgestaltung“ (ZEGG) in Belzig (Potsdam-Mittelmark). Sie sei vor allem durch die Idee bekannt geworden, ein „transformatorisches Bordell“ oder „Liebesbiotop“ gründen zu wollen.
Die meisten Gruppen haben laut Gandow einige Dutzend Mitglieder, einige auch 50 bis 100, mit engagierten jungen Familien. Der Pfarrer erinnerte auch an die gescheiterten Versuche der Maharishi-Bewegung oder Transzendentalen Meditation (TM), Ende der 1990er Jahre in Fürstenberg und Rheinsberg (Oberhavel) ein Zentrum einzurichten.
Die Scientology-Bewegung müsste dem Sektenbeauftragten zufolge nicht nur vom Verfassungsschutz, sondern auch von den Gesundheitsbehörden beobachtet werden, denn sie biete ohne Heilpraktiker-Lizenz Leistungen auf diesem Gebiet an. Angesichts von Vorwürfen wegen Betrugs, Nötigung und Wuchers sei obendrein die Staatsanwaltschaft gefragt.
Gemäß der Planung für die „ideale Organisation“ von Scientology soll es außer den „Missionen“ rund um die Berliner Zentrale zusätzliche Zuliefereinheiten („Feeder orgs“) geben, die neue Anhänger werben. „Das gesamte Umland, der «Speckgürtel«, ist da im Blick.“ „Missionen könnten beispielsweise in Potsdam und Königs Wusterhausen entstehen. Eine erste sei bereits in Berlin- Charlottenburg eröffnet worden.
„Die sind keine Kirche und auch keine Religionsgemeinschaft, sondern das ist eine politische und wirtschaftliche Sache. Da ist der Staat zuständig“, unterstrich Gandow. Die Scientology-Bewegung missbrauche aber auch das Zeichen des heiligen Kreuzes. „Das ist sehr ärgerlich, aber es ist so.“ Deshalb müsse auch die Kirche dazu Stellung nehmen. dpa
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: