Brandenburg: Senftleben entmachtet Heinrich
Neuer Parteichef greift auch im Parlament durch: 17 von 21 CDU-Abgeordneten im Landtag für Abwahl der Fraktionsvizechefin
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Potsdam - Für Ingo Senftleben ist es ein konsequenter Schritt: Gleich nach seiner Wahl zum CDU-Landeschef greift er nun auch in der Landtagsfraktion machtpolitisch durch und entmachtet Anja Heinrich als Fraktionsvize. Auf der Fraktionssitzung in der nächsten Woche soll sie abgewählt werden. Die Vorbereitungen dafür traf der CDU-Fraktions- und Landeschef bereits am Donnerstag während der Landtagssitzung. In den Abgeordnetenreihen der CDU wurde eine Unterschriftenliste für einen Abwahlantrag gegen Heinrich herumgereicht, 17 der 21 Abgeordneten sprachen sich dafür aus. Nötig wäre ein Drittel der Fraktion.
Zuvor hatte Senftleben seine Fraktionskollegin schon zum Rücktritt aufgefordert. Der Grund: Heinrich habe schon vor dem Parteitag gesagt, mit einer CDU-Parteispitze unter Senftlebens Führung würde sie nicht zusammenarbeiten, wie Jan Redmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion, sagte. Senftleben könne nicht mit ihr zusammenarbeiten, da im Fraktionsvorstand auch Vertrauliches besprochen wird. Doch Heinrich lehnte Senftlebens Forderung ab und ließ es drauf ankommen.
Heinrich wirft Senftleben nun vor, die anderen Abgeordneten gegen sie aufgebracht zu haben. „Für mich ist es befremdlich, wenn ein Landes- und Fraktionsvorsitzender jedem einzelnen Abgeordneten in Einzelgesprächen ans Herz legt, zu unterschreiben“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe eine Menge neuer Abgeordneter in der Fraktion, die ihre Laufbahn nicht gefährden wollten und viele ältere, die noch nie einen Wahlkreis gewonnen hätten. Dadurch seien sie auf die Gunst der Landespartei und auf Listenplätze angewiesen.
Tatsächlich war nicht nur zwischen Senftleben und Heinrich das Tischtuch zerrissen – und das schon lange vor ihrer Generalkritik gegen Ex-Landeschef Michael Schierack in einem PNN-Interview im Februar, als sie ihren Rücktritt als Generalsekretärin ankündigte. In dem Interview hatte Heinrich den miserablen Zustand ihrer Partei und Ränkespiele in der Landes-CDU beklagt. Damit aber beschleunigte sie auch Schieracks Rücktritt, was ihr in der Führungsriege übelgenommen wurde.
Heinrich hatte mit dem PNN-Interview aber auch viele Fraktionskollegen gegen sich aufgebracht, als sie bemängelte, dass die CDU-Fraktion nicht deutlich genug macht, wofür sie steht. Intern wird seit Wochen bemängelt, dass Heinrich ihre öffentliche Kritik nicht auch in der Fraktion darlegt. Nach seiner Wahl zum Parteichef kam Senftleben nun auch Forderungen aus der Fraktion nach und musste zugleich selbst mit seiner neuen Doppelfunktion als Landesparteichef und Fraktionsvorsitzender Führungsstärke beweisen.
Der Abwahl-Vorschlag sei aus der Mitte der Fraktion gekommen, sagte Redmann. „Wir haben in den letzten Monaten schon häufiger erlebt, dass sie öffentlich Kritik übt an der Arbeit der Fraktion. Aber sie hat dann selbst intern keinerlei Impulse geliefert. Das wird schon von den Fraktionsmitgliedern als Foul empfunden.“ Und er wies Heinrichs Behauptung als falsch zurück, dass Senftleben mit jedem Abgeordneten Einzelgespräche geführt und zu einer Unterschrift gedrängt habe. „Es ist vielmehr so, dass die Fraktion in ihrer großen Mehrheit schon seit Längerem mit der Arbeit von Frau Heinrich unzufrieden ist“, sagte Redmann.
Heinrich sprach von einem gutem Verhältnis zu den Fraktionskollegen. Gegen die Abwahl will sie zwar nicht kämpfen, lehnt einen sofortigen Rücktritt aber ab. Dafür gebe es keinen Grund, „außer dass man mit kritischen Stimmen nicht umgehen kann. Und das ist eine Frage von Führungskompetenz.“ (mit dpa)
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