Brandenburg: Showdown am Checkpoint Charlie
Am ehemaligen Grenzübergang rücken heute Bauarbeiter mit Kränen an, um die Mauerkreuze zu entfernen
Stand:
Am ehemaligen Grenzübergang rücken heute Bauarbeiter mit Kränen an, um die Mauerkreuze zu entfernen Es gibt nichts mehr zu verhandeln, die Kreuze am Checkpoint Charlie müssen verschwinden. Der Termin steht, der Obergerichtsvollzieher hat die Bauarbeiter und Kräne für 4Uhr01 am Dienstagmorgen bestellt. Trotzdem versucht Alexandra Hildebrandt, die Chefin des Museums am Checkpoint Charlie alles. Am Montag kündigt sie an, sich um eine Bürgschaft über 36 Millionen Euro zu bemühen, um die Installation doch noch zu retten. Bei der Polizei heißt es: Einsatz ab vier Uhr, keine anders lautenden Nachrichten derzeit. Und die jungen Männer, die am Checkpoint Charlie Unterschriften für das Mahnmal sammeln, sagen: „Hier ist nichts mehr zu retten.“ Also soll es der Segen von oben richten. Am Abend vor der angekündigten Räumung soll Pater Vinzenz die 1065 Holzkreuze weihen. So will es Alexandra Hildebrandt. Der Pater ist als Gefängnisseelsorger bekannt. Was am Dienstag bevorsteht, ist kein Showdown von weltpolitischer Bedeutung wie 1961, als sich sowjetische und amerikanische Panzer an diesem Kontrollpunkt gegenüberstanden. Die Konfrontation brachte die Welt an den Rand eines Atomkriegs. Nun steht Alexandra Hildebrandt auf der einen Seite; auf der anderen eine Bank und ein Teil des Senats. Hildebrandt geht es darum, „der Welt einen großen moralischen und historischen Wert zu erhalten“, wie sie sagt. Und frühere DDR-Häftlinge wollen sich an den Holzkreuzen festketten lassen, um die Räumung zu behindern. Die andere Seite, die Bankaktiengesellschaft Hamm (BAG), will endlich die 9071 Quadratmeter Bauland verkaufen können. Was den Senat betrifft: PDS-Kultursenator Thomas Flierl möchte nicht, dass eine einzige Person „eine Art Disneyland der Erinnerung“ aufrecht erhält – so hat es sein Sprecher Torsten Wöhlert gesagt. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) sieht es ähnlich. Die Berliner CDU weiß, dass die BAG Hildebrandt den Pachtvertrag gekündigt hat; und dass Hildebrandt das Gelände nach entsprechenden Gerichtsurteilen zu räumen hat. Führende Unionspolitiker stützen aber Hildebrandts Ansicht, dass die Stadt bisher keine Form des Gedenkens gefunden hat, die dem Checkpoint Charlie angemessen wäre. Frank Henkel, CDU-Generalsekretär, hat als einer von Hunderten auf einem der Transparente unterschrieben, das eine Vereinigung von im Ausland lebenden US-Amerikanern am Sonntag an der nachgebauten Mauer am Checkpoint aufgehängt hat. Und Mittes CDU-Bürgermeister Joachim Zeller hat mehrfach gesagt, er halte Hildebrandts Installation mindestens so lange für eine gute Lösung, „bis der Senat ein Konzept hat, was er mit diesem Ort anstellen will“. Hanns Peter Nerger ist zwar nicht Chef der CDU, sondern der Berlin Tourismus Marketing. Aber auch er findet: „Die Kreuze sollten unbedingt bleiben.“ Der Obergerichtsvollzieher Christian Günther war gestern nicht zu erreichen. Er findet aber ohnehin, er habe genug gesagt in dieser Angelegenheit. Hat bestätigt, dass die Grundstücke geräumt werden. Und den Termin genannt. Ist nicht über Nacht ein Wunder geschehen ist, sind die Kreuze am Checkpoint Charlie bald nur noch eine Erinnerung.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: