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Brandenburg: Sicherungsverwahrung für „Schlapphüte“

Urteilsverkündung im Prozess gegen Räuber-Bande vertagt / Anklage will zehn und 14 Jahre Gefängnis

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Potsdam - Auf ihre geliebte breitkrempige Kopfbedeckung müssen die beiden in Potsdam angeklagten Bankräuber wohl lange verzichten. Für die Mitglieder der so genannten Schlapphutbande hat die Staatsanwaltschaft langjährige Haftstrafen gefordert. Der 43 Jahre alte Andreas K. soll für 14 und sein sechs Jahre älterer Komplize Andreas R. für zehn Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht schloss am gestrigen Verhandlungstag auch eine Verurteilung zu einer Sicherungsverwahrung nach dem Verbüßenen der Strafe nicht aus. Dann könnten die beiden Männer nie mehr auf freien Fuß kommen. Nach diesem Hinweis des Vorsitzenden Richters an die Angeklagten wurde die ursprüngliche für Freitag geplante Urteilsverkündung auf den 10. August verschoben.

Die Verteidiger können bis dahin ein neues Plädoyer für ihre Mandanten erarbeiten. Sie hatten zunächst Freiheitsstrafen unter 10 Jahren verlangt.

Eine Sicherungsverwahrung wird in Deutschland äußerst selten ausgesprochen. Nur wenn die Gesellschaft vor den Straftätern auch nach dem Ende der Freiheitsstrafe geschützt werden muss, greifen die Gerichte auf diese Möglichkeit zurück. Für beide Angeklagten ist eine Höchststrafe von 15 Jahren möglich..

Bei ihren meistens mit brachialer Gewalt und vorgehaltenen Waffen verübten Überfällen auf Banken und Sparkassen sowie Auto- und Schrotthändler waren die bis zu zehn Bandenmitglieder stets mit Schlapphüten maskiert gewesen. Die vor allem im Laufe des vergangenen Jahres festgenommenen Männer stammen aus Berlin, Thüringen und Polen. Seit 2002 hatten die meist vorbestraften Täter bei 52 Überfällen in sieben Bundesländern rund 3,6 Millionen Euro erbeutet. Die Polizei sprach deshalb von einer der „größten Raubserien in der deutschen Nachkriegsgeschichte“. Ein Tatbeteiligter hatte während der Überfallserie in Berlin sogar in Haft gesessen und sich während seiner Freigänge an den Taten beteiligt. Zeitweise waren mehr als 1000 Beamte an der Aufklärung der Taten und der Suche nach den Verdächtigen beteiligt.

In der Regel hatte es die Bande auf kleine Bankfilialen mit einem oder zwei Angestellten abgesehen. Mit Maschinenpistolen bewaffnet, zwangen sie das Personal zur Herausgabe des Geldes. Dann brausten sie mit ihren zuvor gestohlenen Fluchtfahrzeugen davon. Kein Überfall dauerte länger als fünf bis acht Minuten.

Die beiden vor dem Landgericht Potsdam stehenden Männer sollen bei mehreren Banküberfällen zwischen Januar 2003 und Oktober 2004 insgesamt mehr als 400 000 Euro erbeutet haben. Zu ihren Tatorten gehörte auch eine Bank in Görzke (Potsdam-Mittelmark). Bereits im Januar waren sie vom Landgericht Gera wegen eines Überfalls auf einen Schrotthändler in Thüringen zu jeweils vier Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Die übrigen Mitglieder der Bande sind wegen des „Tatort-Prinzips“ in anderen Bundesländern angeklagt: Dort, wo sie die Taten begangen haben. So schossen zwei in Göttingen auf einen Taxifahrer, der einen Banküberfall beobachtet und die Verfolgung aufgenommen hatte. Eine Kugel traf den Kopf des Mannes, er überlebte schwer verletzt. Deshalb müssen sich diese beiden Männer in Niedersachsen wegen versuchten Mordes verantworten. Sie waren im August 2005 nach dem Angriff auf den Taxifahrer ausfindig gemacht und festgenommen worden. „Mit Blick auf das Waffenarsenal der Täter gehe ich davon aus, dass noch Menschen zu Tode gekommen wären, wenn die Bande nicht gefasst worden wäre“, sagte der Potsdamer Oberstaatsanwalt Benedikt Welfens bei der Vorstellung der Ermittlungsergebnisse im Januar. Claus-Dieter Steyer

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