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Brandenburg: „Sie wachsen mit Hass auf“

Nach antisemitischer Hetze an Berliner Schule: Experten in Sorge – nicht nur wegen Migranten

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Berlin - Der Fall des jüdischen Schülers, der nach antisemitischen Beleidigungen und körperlichen Übergriffen die Berlin- Friedenauer Gesamtschule verlassen hat, beschäftigt nicht nur Berlin. Bundespolitiker und Vertreter jüdischer Organisationen forderten am Wochenende Konsequenzen – auch im Umgang mit dem Antisemitismus unter Muslimen. Die Angriffe auf den 14-jährigen Schüler sollen von türkisch- und arabischstämmigen Jugendlichen verübt worden sein.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese sprach von einem ernstzunehmenden Problem. „Gerade Jugendliche aus arabischen Ländern, in denen die Vernichtung des Staates Israel von klein auf gelehrt wird, müssen lernen, dass in Deutschland Antisemitismus nicht geduldet wird“, sagte die Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften.

„Solche Vorfälle gibt es immer häufiger und nicht nur in Berlin“, sagte der Sprecher des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus, Levi Salomon: „Es wäre dringend an der Zeit, dass die Bundesregierung einen Antisemitismus-Beauftragten einsetzt. Jüdische Organisationen und Gemeinden fordern das seit Längerem. Gerade in einer Zeit, in der Antisemitismus wieder hoffähig wird, wäre ein entsprechender Ansprechpartner wichtig.“

Auch die Vorsitzende des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus und ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Lala Süsskind, zeigte sich besorgt. „Vorfälle wie jetzt an der Friedenauer Gemeinschaftsschule werden immer häufiger“, sagte sie: „Und oft gehen sie von jungen Menschen aus, die aus Gesellschaften kommen, wo viele schon mit einem Hass auf Israel und Juden aufwachsen. Deshalb müssen wir beispielsweise in den Willkommensklassen sehr viel mehr tun, um ihnen unsere demokratischen Werte zu vermitteln.“ Dazu müsse man notfalls auch mehr Geld in die Hand nehmen.

Sie sei sehr dafür, dass Deutschland geflüchteten Menschen helfe und ihnen eine neue Heimat gebe, sagte Süsskind weiter: „Aber dann müssen sie auch die Werte dieser neuen Heimat anerkennen, die unter anderem darin bestehen, dass man alle Menschen gleich achtet – auch jene, die eine andere oder gar keine Religion haben.“

Salomon verlangte ebenfalls mehr Geld für präventive Projekte: „Letztlich können Vorurteile und antisemitische Haltungen nur so abgebaut werden.“

Auch die Wissenschaft beginnt, sich mit der Thematik zu beschäftigen. „Wir arbeiten gerade an einer Studie über Vorurteilsbilder bei Migranten“, sagt der Gründungsdirektor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam, Julius H. Schoeps: „Allerdings kommt der Antisemitismus inzwischen auch wieder aus der Mitte der Gesellschaft. Da sitzt man mit gutbürgerlichen Zeitgenossen zusammen, das Gespräch kommt auf Israel und plötzlich bricht es aus ihnen heraus.“ das/has

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