Brandenburg: Sieg und Niederlage
Regierung muss Homeyer Einsicht in Akten gewähren. Frühere Anträge zu Recht abgelehnt
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Potsdam - Fünf Mal hatte er es versucht, fünf Mal hatte die Regierung seine Anträge abgelehnt: Doch nach einem Urteil des Landesverfassungsgerichtes muss Brandenburgs rot-rote Regierung dem CDU-Oppositionsabgeordneten Dierk Homeyer nun doch Einsicht in Unterlagen zur Anhebung des brandenburgischen Mindestlohns gewähren. Mit dem Veto zum letzten Antrag – nach dem Kabinettsbeschluss vom 24.Mai 2016 zur Anhebung auf 9 Euro – hat die Regierung gegen die Verfassung verstoßen.
Genauso klar ist mit dem Urteil aber auch, dass Homeyer mit den frühen Anträgen auf Einsicht in die Leitungsvorlage des von Diana Golze (Linke) geführten Arbeitsministeriums seine Befugnisse als Abgeordneter zu überschreiten versuchte. In diesen Fällen war die Ablehnung rechtens. „Die Zäsur ist der Kabinettsbeschluss“, sagte Verfassungsgerichtspräsident Jes Möller. „Das Recht auf Akteneinsicht beschränkt sich auf abgeschlossene Vorgänge und erlaubt nicht eine Beteiligung der Landtagabgeordneten an der Entscheidungsfindung der Landesregierung.“ Die Verfassung gewährt nach seinen Worten zwar Abgeordneten herausragende Kontrollbefugnisse, aber der Regierung zugleich einen geschützten Kernbereich exekutiven Handelns zur eigenen Willensbildung, Vorbereitung von Entscheidungen, auch der ressortübergreifenden Abstimmung. Diese laufenden Verfahren dürfen durch parlamentarische Einsichtnahmen nicht von außen beeinflusst werden, sagte Möller. „Die Regierung soll regieren. Ein Mitregieren ist unzulässig.“
Ebenso deutliche Worte fand Möller in der Begründung aber auch zum Verfassungsbruch durch das Golze-Ministerium, als es Homeyer nach dem Kabinettsbeschluss die Einsicht verweigerte. Die Begründung sei rein „formelhaft“ gewesen, so Möller: „Es reicht nicht, nur in die Ablehnung zu schreiben, wir haben es gründlich abgewogen.“ Von einer Landesregierung könne eine sorgfältige Begründung erwartet werden. Irritiert äußerte sich Möller zudem über den Versuch, diese Begründung nachträglich im Prozess zu liefern. „Ein Nachschieben ist unzulässig.“ Auf die Begründung habe der Abgeordnete einen Anspruch, nicht das Verfassungsgericht. Hintergrund der Auseinandersetzung ist der politische Konflikt um den von der rot-roten Regierung eingeführten eigenständigen Brandenburger Mindestlohn bei öffentlichen Aufträgen, der mit neun Euro höher ist als der bundesweite Mindestlohn von 8,84 Euro. Der Unterschied führe zu bürokratischem Aufwand für die Firmen, so die CDU.
Homeyer reagierte zurückhaltend auf das doppelte Urteil. „Die Rechte des Parlaments sind eindeutig gestärkt worden“, sagte er. Er will nun Einsicht in die ungeschwärzten Akten nehmen. Und die CDU will nach dem Urteil den Status der Mindestlohnkommission aus externen Sachverständigen zum Thema machen. Bisher hieß es, es sei ein unabhängiges Gremium, so Homeyer. „Laut Urteil ist es ein Instrument der Regierung, Teil exekutiven Handelns.“ Das müsse im Parlament geklärt werden. Einer der neun Verfassungsrichter hatte sich ganz auf Homeyers Seite gestellt. In einem Sondervotum erklärte Verfassungsrichter Ulrich Becker, die Landesregierung hätte auch schon vor der Entscheidung im Kabinett Einsicht in die Mindestlohn-Vorlage gewähren müssen. Thorsten Metzner
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