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Brandenburg: Söldner, Liedermacher, Fremdenführer

Die NPD stellt elf Bezirksverordnete / Experten: inhaltliche Auseinandersetzung

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In sechs Wochen ist es soweit. Nachdem die rechtsextreme NPD in vier der zwölf Berliner Bezirksparlamente einziehen konnte, werden für Ende Oktober erste Auftritte der rechten Abgeordneten erwartet. Kurz nach dem 26. Oktober wollen die am Sonntag gewählten Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) zusammen treten. Beobachter rechnen insbesondere mit einem Auftritt des NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt, der in die BVV Treptow-Köpenick eingezogen ist und 2005 wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde.

Immerhin elf Bezirksverordnete stellt die NPD – jeweils drei in Hellersdorf- Marzahn, Lichtenberg und Treptow-Köpenick sowie zwei in Neukölln. Hajo Funke, Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin, ist sich sicher, dass Kommunalpolitik für die NPD „mehr ist, als eine Form der Geldbeschaffung“. Die Parteifunktionäre seien Überzeugungstäter, sagte Funke. Der Verfassungsschutz will sich noch nicht über die parlamentarische Strategie der NPD äußern. „Der Wahlerfolg hat aber die Position der Partei in der rechtsextremen Szene gestärkt“, sagte eine Sprecherin.

Ob alle Kandidaten dauerhaft Kommunalpolitik betreiben werden, bleibt indes abzuwarten. So hat der NPD-Politiker und rechtsextreme Liedermacher Jörg Hähnel, der in die BVV Lichtenberg einziehen wird, im Jahr 2002 ein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt (Oder) vorzeitig und ohne Berufung einer Ersatzperson niedergelegt. Nach Auskunft des Antifaschistischen Infoblattes baute er anschließend in Berlin Kontakte zu militanten Neonazis auf. Bei der NPD hieß es, die gewählten Kandidaten seien in ihren jeweiligen Bezirken jedoch durchaus verwurzelt. Der zukünftige Treptower NPD-Bezirksverordnete Fritz Liebenow arbeite als Fremdenführer in der Köpenicker Altstadt und sei deshalb geeignet, kommunalpolitische Verantwortung zu übernehmen. Unerwähnt blieb, dass Liebenow noch bis vor wenigen Jahren an der Gründung einer Splittergruppe mit dem Namen Neue Reform Partei Deutschlands beteiligt war, die für die Wiederherstellung der Monarchie eintrat. Der ebenfalls in Treptow in die BVV gewählte NPD-Landesvorsitzende Eckart Bräuniger wiederum kämpfte als Söldner der kroatischen Armee im Jugoslawienkrieg. Kenner der Szene gehen deshalb davon aus, dass die Berliner NPD im Gegensatz zum mecklenburgischen NPD-Landesverband weniger gut verankert sei. Bisher wären Berliner NPD-Mitglieder nur vereinzelt durch Mitarbeit in Bürgerinitiativen und Nachbarschaftsvereinen aufgefallen. Nach Informationen des Antifaschistischen Infoblattes trafen sich in der NPD-Bundeszentrale in der Köpenicker Seelenbinderstraße noch am Wahlabend am Sonntag gewaltbereite Neonazis. So seien bei der NPD-Wahlparty Mitglieder der Neonazigruppe „Vandalen – Ariogermanische Kampfgemeinschaft“ anwesend gewesen. Die NPD selber diskutiert ihr Vorgehen in den BVVen derzeit noch. „Die Bezirksverordnetenversammlungen sind auch ein Standbein für die nächste Abgeordnetenhauswahl“, sagte NPD-Generalsekretär Ulrich Eigenfeldt.

Eine Ursache für den Wahlerfolg der NPD sieht Funke unter anderem in einer zunehmenden „mentalen Verwahrlosung und sozialen Erosion“. Dort wo die etablierten Parteien Antworten auf drängende soziale Fragen geben, habe die NPD kaum Erfolge gehabt. Die Politik reagiere aber vielerorts nicht auf die zunehmende soziale Ausgrenzung vieler Menschen. „Wir müssen uns offensiv mit der NPD auseinandersetzen, der Zeitpunkt sie tot zu schweigen ist vorbei“, sagte Funke. Verantwortung in der Auseinandersetzung mit der NPD hätten auch Gewerkschaften. Andreas Köhn, Berliner Rechtsextremismusexperte der Gewerkschaft Verdi, betonte, dass die NPD keine politischen Lösungen für die sozialen Probleme in diesem Land habe. Das würde die zukünftige Parlamentsarbeit der Partei zeigen.

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